Presseerklärung:
Kölner Polizei misshandelt Roma-Kinder
(31.10.2003)


Nach Information des Rom e. V. Köln hat die Sonderkommission EK-Tasna strafunmündige Roma-Kinder, überwiegend Mädchen bis 14 Jahre, im Rahmen so genannter Ermittlungsmethoden ohne richterlichen Beschluss zum Altersröntgen gebracht, nackt ausgezogen und fotografiert. Insbesondere verschmutzte Wäsche, Ausscheidungen und der Körpergeruch der Kinder stieß auf die besondere Aufmerksamkeit der Beamten.
In akribischer Weise wurde beschrieben, welche Ausscheidungen vorliegen, wie deren Geruch einzuschätzen ist, wie oft die Körperpflege erfolgt und wie verschmutzt die Kinder sind. Weder die Kinder noch deren Eltern wurden über ihre Rechte belehrt. Die Verhöre fanden ohne Rechtsgrundlage und in reiner Willkür statt.

Der Förderverein Roma stellt fest, dass diese menschenverachtende Vorgehensweise gegenüber Roma wiederholt in Köln praktiziert wurde. Bereits Mitte der 90er Jahre wurden aufgrund des Auffindens eines Säuglings Roma-Frauen zwangsweise gynäkologischen Untersuchungen ausgesetzt. Ein Zusammenhang zwischen dem Baby und den Frauen wurde nicht ermittelt.

Offensichtlich endet die Würde von Menschen, insbesondere die von Kindern, deren Schutz insbesondere öffentlichen Organen obliegen müsste, bei Roma. Ungeachtet anhängiger Straftaten, deren Ursache vor allem bei Minderjährigen im Sinne von Prävention und Hilfe zu berücksichtigen ist, missachtet die Kölner Polizei in unentschuldbarer Weise die Integrität von Kindern und Jugendlichen. Der Vorsatz, die ihm innewohnende Ignoranz, das Vokabular der Beschreibung der Kinder, die widerwärtige Art der Befragung erinnert alleine an jene rassistische Haltung, die schließlich in Sippenhaft und die Aberkennung jeglicher menschlichen Existenzberechtigung mündete.

Der Förderverein Roma fordert, die beteiligten Beamten und Vorgesetzten strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Förderverein Roma e.V., Frankfurt am Main
Ffm., den 31.10.03
 


Rom e.V. Köln

Köln, 29.10 2003

PRESSE-ERKLÄRUNG

Schamlose Ermittlungsmethoden
Sonderkommission der Kölner Polizei zieht Roma-Mädchen nackt aus und fotografiert deren Unterhosen

Es versteht sich von selbst, dass die Polizei und Staatsanwaltschaft ohne Rücksicht auf Religion, Hautfarbe, Geschlecht oder sozialen Rang Straftäter verfolgen muss.
Das gilt natürlich auch für Delikte, die von Angehörigen der Roma-Minderheit begangen werden. Die Polizei steht zweifellos vor einer schwierigen Aufgabe, wenn es sich um strafunmündige Kinder handelt, die als sogenannte Intensivtäter Taschendiebstähle begehen. Diese Aufgabe wird auch nicht leichter dadurch, dass es sich nur um einen Bruchteil der in Köln lebenden Roma-Kinder aus geduldeten Flüchtlingsfamilien handelt: von ca. 2000 Kindern werden ca. 80-100 immer wieder auffällig.
Die Kölner Polizei steht allerdings unter einem besonderen Druck: Sie ist seit 1987 mit diesem Delikt konfrontiert und trotz aller ermittlungstaktischen und repressiven Bemühungen ist sie keinen Schritt weitergekommen: im Gegenteil die Fallzahlen stiegen. Dazu kommen Proteste von Bürgern, primitivpopulistische Parolen verschiedener Parteien und vor allem das Bedrohungsszenario, die Stadt befinde sich im Würgegriff von Klaukinderbanden gelenkt von international tätigen "Hintermännern", das die Polizeiführung Stift an Stift mit einigen Medien zeichnete. Daraus entstand ein erheblicher Erfolgsdruck.
Die Sonderkommission (EK-Tasna) räumte zwar jüngst ein (vgl. "Der Kriminalist" 2/2003): "Es gibt in dieser Tätergruppe keine Strukturen von organisierter Kriminalität…" . Auch dann, wenn Eltern die Kinder zum Taschendiebstahl anhielten, "erfolgt (dies) aber nicht über Zwang und auch ohne Strafen, wenn die Kinder ohne Beute nach Hause kommen". Es habe sich "kein einziger Hinweis auf körperliche Züchtigung…oder psychischen Zwang ergeben". Der Rom e.V. hat genau dies seit Jahren der Polizei vergeblich klarzumachen versucht.
Obwohl damit klar ist, dass bei den Kindern selbst angesetzt werden muss, weil die Eltern aus vielen und sehr unterschiedlichen Gründen ihrer Erziehungspflicht nicht nachkommen wollen oder können (!), hat der Erfolgsdruck, unter den sie sich selbst gesetzt hat, die Kölner Polizei dazu motiviert, zu menschenunwürdigen Ermittlungsmethoden gegen die Kinder selbst zu greifen.
Die von der Polizei aufgegriffenen (strafunmündigen!) Kinder werden aufs Präsidium gebracht, erkennungsdienstlich behandelt, oft ohne richterlichen Beschluss zum Altersröntgen gebracht, nackt ausgezogen, am ganzen Körper fotografiert; auf Schweißgeruch geprüft, ihre Kleider, insbesondere die Unterwäsche auf Verunreinigungsspuren untersucht und fotografiert - zum Teil so dass Mädchen ihre Unterhosen bis zum Knie herabziehen müssen, damit die Wäsche am Körper von oben fotografiert werden kann.

Dabei stellt die Polizei bei den Kindern (überwiegend Mädchen bis 14 Jahre) in Vermerken (vgl. die Anlagen) zu den Fotos fest, in den Unterhosen befänden sich:
---- Kotreste, Urinrückstände
---- Gelb-braunes Sekret, das auf einen Ausfluss aus dem Scheidenbereich zurückzuführen ist, Blutverschmierungen

ferner stellte die Polizei u.a. fest:
---- sie roch unter den Armen nach Schweiß
---- ekelerregender Geruch aus der Unterhose
---- sie trug ausgetretene Schuhe ohne Socken
---- ihre Füße waren sehr stark verschmutzt
---- in den Zehenzwischenräumen handele es sich um Dreckablagerungen

Besonders abartig ist, dass man dies pubertierenden Mädchen antut. All diese widerlichen Maßnahmen werden an strafenunmündigen Kindern durchgeführt, ohne dass deren Eltern vorher benachrichtigt werden, bzw. ohne deren Einwilligung. Die Kinder werden ohne Rechtsbelehrung darüber gelassen, dass sie solche Maßnahmen, die der Belastung der engsten Familienangehörigen dienen, verweigern können. Selbstverständlich werden sie dazu auch ohne Belehrung verhört. Hat man je gehört, dass straffällig gewordene Kölner Kinder solchen menschenverachtenden Methoden ausgesetzt waren?
Diese rechtwidrigen Maßnahmen, die bis heute (!) praktiziert werden, strafen die Aussagen der Polizei Lügen, es ging ihnen vor allem darum, den Kindern zu helfen. Ginge es ihnen um das Kindeswohl, wäre es konsequent, nach den Ursachen von Anzeichen der Verwahrlosung zu suchen, sei es fehlende Hygiene, Unterernährung, Krankheiten, Schulverweigerung. Wer je im Containerlager in Kalk, auf dem Flüchtlingsschiff, in feuchten Barackenzimmern war, in denen die Flüchtige leben müssen und unter Enge und Lärm leiden, wer je mitbekam, dass viele der Mütter mit Psychopharmaka behandelt werden müssen, dass die ständige Angst vor Abschiebung ins Nichts und außerdem vor Polizeirazzien ihnen den Schlaf raubt, der weiß, wie Verwahrlosung entstehen kann, vor allem dann, wenn Flucht und Vertreibung in vielen Fällen schwere Traumata hinterlassen haben.
Die Polizei dagegen missbraucht die Kinder dazu, um Verfahren wegen Verletzung der Erziehungspflicht gegen die Eltern einzuleiten und zwar mit dem Ziel, diesen die Kinder zu entziehen - etwa, um sie in geschlossene Heime zu stecken. Dies fordert eine Koalition aus FDP, CDU, SPD, Polizeiführung und gewissen Medien eh seit Jahren. Das wäre für die Betroffenen eine erneute Katastrophe, denn oft ist der traditionelle Familienzusammenhalt noch das einzig Stabile in einer Welt, die sie nicht will.
Unverhohlen verweist die Polizei auf die angebliche Effektivität einer solch brutalen Methode: Familien, denen dies drohte, verließen Köln, allerdings - wie der Rom e.V. stets betonte - um wenig später unter anderem Namen hier wieder zu erscheinen ebenso wie diejenigen, die man glaubte, erfolgreich abgeschoben zu haben. Für Roma ist es eben auch anderswo in der Regel nicht besser als in Köln.
Die Polizei arbeitet seit Jahren, im Grunde seit anderthalb Jahrzehnten mit ca. 25 Vollzeitbeamten erfolglos daran, das Problem der Klaukids in den Griff zu kriegen.
Dass die bloße Repression gescheitert ist, wollen aber weder CDU, SPD und FDP noch die meisten Medien einsehen. Anderswo hat sich gezeigt, dass eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen Erfolg darin besteht, das Vertrauen der betroffenen Familien und vor allem der Kinder zu gewinnen.
Niemand könnte das besser als Menschen, die der Minderheit selbst angehören, die deren Sprache sprechen und ihren Leidensweg, ihre Weltsicht, ihre Sitten kennen. Wenn dies einherginge mit der Verbesserung ihrer allgemeinen Lebensbedingungen hier, z.B. in Form eines dauerhaften Bleiberechts, könnte für viele Kinder ein anderer Lebensweg möglich werden.
Der Rom e.V. wird Amnesty und andere nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen über die Kölner Polizeimethoden unterrichten!
Im Rom e.V. können Fotos eingesehen werden, die die Dimension des menschenunwürdigen Verfahrens belegen, sie dienen nur zum internen Gebrauch und sind nicht für die Öffentlichkeit bzw. zur Veröffentlichung gedacht.

http://www.romev.de/


RECEIVED FROM: rom.ev <rom.ev@netcologne.de>

Rom e.V.
Bobstr.6-8
50676 Köln
GERMANY

Tel. 0221/ 24 25 36
Fax 0221/ 240 17 15

E-mail: rom.ev@netcologne.de

Homepage www.romev.de

The Rom e.V. society in Cologne has released the following declaration for the press (for the original German text see the homepage: http://www.romev.de).
Following the press release you will find an appeal to write a letter of concern, which should be directed to the prime minister of Northrhine-Westphalia province.


Press Release

Shameless Methods of Investigation!
Special Task Force of the Cologne Police Undresses Roma Children And Photographs their Underwear

29 October 2003

Cologne - The police must prosecute criminals regardless of religion, colour, sex and social rank. The Roma minority is no exception. There is no doubt that underage children who regularly commit pick-pocketing pose a difficult problem for the police.
Of the approximately 2000 children from Roma refugee families in Cologne, about 80 to 100 are known to police. Since 1987, the Cologne police have been confronted with the problem of pick-pocketing by this group. Efforts to repress it have not succeeded; on the contrary, the number of incidents is rising.

Primitive, populist slogans in use by all parties and citizens put pressure on the police. The media and the police describe the situation in threatening terms, as though the city were in the grip of gangs of thieving children, lead by international gangsters. This despite the fact that a Special Task Force wrote, in an article published in the magazine Der Kriminalist, "There are no structures of organized crime in this suspect group."

Even in the cases where parents are involved, they do not threaten the children with punishment for lack of success. For years, Rom e.V. has tried to tell the Cologne police that parents are not putting psychological or physical pressure on the children.

Though it is obvious that the children need support, since their parents are, for various reasons, unable to fulfil their duties, the Cologne police only showed contempt in the way they conducted investigations following recent arrests.

The arrested children, all below the age of prosecution, were brought to police stations, ID'ed and x-rayed to determine their age, undressed, photographed, and exposed to having their transpiration examined for smell, and their underwear examined for dirt and photographed. Girls were forced to lower their slips down to their knees to facilitate the photographing of the inner side of their slips from above. It is especially unusual that this was done to girls in their puberty.

These abusive measures were undertaken without parents being informed or consenting. The children were not given legal advice about their right to refuse such measures, which may serve to incriminate their closest relatives.

Have any other children in Germany been exposed to such abuse of human dignity?

The Cologne police mistreated the children in this way in order to start legal proceedings against the parents, with the aim of removing the children from their parents. What is not taken into consideration is the situation in the refugee camps, where children and parents suffer from malnutrition, over-crowding, bad hygienic conditions, and inadequate care for post-conflict trauma. For these refugees, family unity is the last thing remaining in a world that has rejected them.

For the Cologne police, the method is effective: families threatened with separation have left Cologne. But Rom e.V. has shown that they later returned, presenting themselves under different names, just like the families who were deported.
They return, unable to find a better situation.

For 15 years, the Cologne police have tried to solve the case of the pick-pocketing kids without acknowledging that pure repression does not work. But in other places it has been realised that inspiring confidence is one of the most important factors in successful work with these families and children.

No one is better suited to create such confidence than people from the same minority, who speak their language, who know their suffering and their way of life. If such an effort were accompanied by an improvement in their living conditions, another way of life would be possible for many of these children.

Rom e.V. will inform Amnesty International and other national and international human rights organisations about the methods used by the Cologne police!

The extent of the abuse of dignity is shown by the photos. The photos can be viewed at Rom e.V.
They are kept for internal use only, and are not for publication.
 


Letter from Rom e.V. to national and international human rights' organisations

Human rights of Roma children violated during police investigation

Dear supporters of human rights,

We are writing to alert you to a violation of human rights by the police of Cologne, Germany, during an investigation into allegations of pick-pocketing by Roma children, all below the age for criminal prosecution.

As the enclosed press release and copies of documents from police files indicate, the Roma children, all below 14 years old and the majority girls, were arrested. At the police station, they were required to remove their clothes and appear naked. Parts of their bodies and their underwear were photographed to document "dirt, faeces, urine and vaginal outflow." Without legal advice concerning the right to refuse to give evidence and without parental consent, these "documents" were collected to serve as legal evidence that the parents were in breach of parental duty towards their children. The children were also interrogated without their parents being informed.

The Cologne police have recommended such methods as exemplary and effective in a journal specializing in criminal prosecution.
We are asking you to take urgent action by writing to the government of North Rhine-Westfalia (the German state in which Cologne is situated) with the demand that these methods of policing, which show contempt for human dignity, be immediately stopped.

The Cologne police have already provoked the protest of international human rights organizations. In 1995, they arrested 50 Roma women between the ages of 15 and 55 in a refugee home. These women were forced to give a blood sample and have a gynecological examination. This operation was carried out after an abandoned baby was found in a part of Cologne where hundreds of (non-Roma) German families also lived. Though the examinations produced no evidence and only Roma women were examined, the police continued to insist that they had the right to apply special treatment to minority groups.

The Cologne police are again using methods of examining Roma people that they would never use on Germans or other populations. We therefore ask you to inquire whether this incident was linked to discrimination on the basis of race. It is not yet clear whether we are also dealing with cases of child abuse and child pornography.

The photos show the contempt for human dignity of the procedure. They can be watched at Rom e.V., but are kept for intern use only, not for publication.

Please send your statement to the `Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen´ (prime minister) and send us a copy.

Ministerpräsident
Herr Per Steinbrück
Staatskanzlei
Stadt Tor 1
D-40190 Düsseldorf
Germany

E-mail: poststelle@stk.nrw.de