Roma-Union e.V. - Presseerklärung
Gewaltsamer Übergriff der Offenbacher Polizei auf psychisch kranken Roma-Jugendlichen (13.02.2006)



Am Sonntag, den 04.02.06, gegen 09.00 Uhr, hat die Staatsmacht durch das ausführende Organ, nämlich der Polizei, gegenüber einer Roma Familie wieder einmal so genannte "Gestapo -Methoden" mittels eines gewaltsamen Übergriffes zu Tage gebracht.
Am Freitag den 02.02.2006 hat die Mutter eines seit dem 28.01.2006 in psychiatrischer Behandlung befindlichen Sohnes von dem Klinikum Offenbach einen Anruf erhalten. Man teilte ihr mit, dass der Sohn aus der geschlossenen Abteilung geflohen sei. Mit diesem Anruf war die Bitte verbunden, falls der Sohn zu Hause erscheine, das Krankenhaus oder die Polizei zu benachrichtigen, um den Sohn wieder in die Obhut der Psychiatrie zu stellen.
Der Vater informierte am Sonntagmorgen, nach Erscheinen des Sohnes in der elterlichen Wohnung, vereinbarungsgemäß die Polizei.
Als zwei Beamte in der Wohnung eintrafen haben sie den Sohn verhaftet und mit Handschellen auf dem Rücken fixiert. Die Anbringung der Handschellen war sehr eng und verursachte erhebliche Schmerzen.
Der Sohn bat seinen Vater, den Beamten zu sagen, sie möchten den Druck etwas verringern. Die Beamten verweigerten dies.
Auf dem Weg zur Strasse und auf der Strasse geriet der psychisch kranke Sohn in eine Stress-Situation und wollte weglaufen. Die Beamten, denen die Erkrankung des Sohnes bekannt war, versuchten daraufhin durch sehr rabiate und der Sache absolut nicht angepasste Maßnahmen den Sohn in das Dienstfahrzeug zu bringen.
Dabei wurde der Sohn in einen Würgegriff genommen, durch Schläge auf verschiedene Körperteile traktiert und auf dem Gehsteig mit Körper- und Knieeinsatz fixiert.
Der Familienvater bat, geschockt durch das brutale Vorgehen, die Beamten flehentlich den kranken Sohn nicht zu misshandeln, sondern auf einem vernünftigen Weg in die Klinik zurück zu bringen.
Als Reaktion auf die Vorgänge wurde nicht etwa eingehalten, sondern noch weitere Einsatzfahrzeuge angefordert
Einer dieser Wagen war ein Polizeibus, in den die Beamten den Sohn nunmehr hineinwarfen.
Die beiden Beamten, die die Festnahme vornahmen sowie zwei weitere Beamten gingen ebenfalls in den Bus und fixierten den am Boden liegenden Sohn erneut mit erheblichem Körper- und Knieeinsatz.
Die Mutter konnte dieser völlig unnötigen und sicherlich menschenverachtenden Situation nicht mehr zuschauen und bat erneut die Beamten eindringlich, ihren Sohn nicht weiter zu drangsalieren.
Dabei hat ein den Vorgang verfolgender und als Unterstützung eingetroffener Beamter einen Polizeihund auf die protestierende Mutter losgelassen. Die Frau erlitt mehrere Bisswunden und verletzte sich als Folge des Angriffes bei einem Sturz am Oberschenkel. In dem vorliegenden ärztlichen Attest lautet die Diagnose : Hundebissverletzung Thorax rechts und Oberschenkel links sowie Prellung rechter Oberschenkel.
Inzwischen kam ein Krankenwagen als Unterstützung. Die Beamten holten den fixierten und misshandelten Sohn aus dem Polizeibus und legten ihn auf die Krankenwagenliege, wo er zudem mit Bändern gefesselt und in die Klinik zurück gebracht wurde. Die Beamten stellten die Personalien der Eltern fest und empfahlen der Mutter, die erlittenen Verletzungen durch den Polizeihund im Krankenhaus behandeln zu lassen. Danach verließen sie den Einsatzort.
Die Eltern waren fassungslos über diesen Polizeieinsatz.
Sie wollten doch ursprünglich gemeinsam mit den behandelnden Medizinern der Klinik und der Polizei den kranken Sohn wieder in die Klinik zurück bringen und mussten nun die geschilderten Vorgänge miterleben.
Die Roma Union Stellt die Frage, ob die Herkunft des Sohnes, er ist Roma, bei der Festnahme eine Rolle gespielt hat ?
Im Grundgesetz ist die Rede von der Unverletzlichkeit, der Würde und des Schutzes jeder einzelnen Person.
Dieses Grundrecht ist gerade aus der Vergangenheit und der Erfahrung der Vernichtung für uns Roma unumstößlich.
Der beschriebene Vorgang erinnert uns demgegenüber an extremste Willkür und die eklatante Missachtung verbriefter Rechte.
Der Roma-Union liegen etliche Zeugenaussagen vor. Sie hat mittlerweile Strafanzeige gegen das zuständige Revier gestellt, fordert eine rückhaltlose Aufklärung der Vorgänge und rechtliche Konsequenzen bezüglich der verantwortlichen Beamten.

Ffm., 13.02.2006

L.- P. Böttcher
(Vorstandvorsitzender Roma-Union e.V. - Verband für Hessen)