Am 9.11.1938 floss die jahrelange Hetze und Verfolgung der Juden durch die
Nazis in ein erstes umfassend organisiertes Pogrom. Der ungeteilte Hass
von Partei, öffentlichen Institutionen, Exekutive und Bevölkerung schuf
sich Raum. Die systematische Entrechtung seit 1933, der Entzug der
Existenz und der damit verbundene Raub konnte nun breitflächig in
körperliche Gewalt, Mord und Totschlag übergehen – gesetzlich gebilligt,
gesellschaftlich gewünscht und ohne jegliches Risiko für die Täter. Der
Antisemitismus der Nazis offenbarte sich in seinem unvergleichbaren Plan,
alle Juden zu vernichten und dies mit Zustimmung sämtlicher
„Volksgenossen“ tatsächlich umzusetzen. Was 1933 an Antisemitismus
übernommen und bis zur Reichspogromnacht im nationalsozialistischen und
völkischen Sinn fortgeführt wurde, endete schließlich in der industriellen
Vernichtung von sechs Millionen Juden.
Antisemitismus ist auch nach 1945 in Deutschland keine Randerschienung. Er
blieb als konstantes Meinungsbild im Zentrum der Gesellschaft verankert.
Neben den einschlägigen gewalttätigen neonazistischen Parteien und
Gruppierungen ist es die antisemitische Haltung und Handlung, die in der
bürgerlichen Mitte beheimatet ist, die nach wie vor Anlass dazu gibt,
Verantwortung wahrzunehmen und sich gegen Rassismus und Antisemitismus zur
Wehr zu setzen.
Der Förderverein Roma weist anlässlich des Jahrestages der
Reichspogromnacht auf die aktuelle besorgniserregende Situation in Italien
hin, wo aufgrund der Straftat eines Einzelnen, Jagd auf Roma und Sinti
gemacht wird. Der Kreislauf von Diffamierung, vermeintlicher
Schuldzuschreibung, Generalisierung und breiter Mobilisierung wird
zurzeit durch Hetze und Gewalt exemplarisch vorgeführt. Die beabsichtigte
Ausweisung von Tausenden Flüchtlingen, die Ankündigung von „Aktionswochen“
und „Fackelmärschen“ und die Aktivierung von „Bürgerwehren“
vervollständigen das Bild des zeitgenössischen Pogroms gegenüber Roma und
Sinti in Italien.
Ffm., den 08.11.2007
Förderverein Roma e. V, Stoltzestraße 17, 60311 Ffm.
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