Die am 27.1.2000 am ehemaligen Stadtgesundheitsamt, Braubachstraße 8-22,
angebrachte Mahn- und Gedenktafel wurde nach Information des Börsenvereins
des Deutschen Buchhandels entwendet.
Über 10 Jahre bemühten sich die Roma-Union, der Förderverein und
engagierte Einzelpersonen, die Tafel gegen den Widerstand der
Stadtverwaltung, des Instituts für Stadtgeschichte und der SPD, CDU und
FDP-Römerfraktionen durchzusetzen.
Während der NS-Zeit wurden über eine halbe Million Roma und Sinti
ermordet. Nach der akribischen Erfassung durch „Rasseforscher“ in den 30er
Jahren erfolgte die Inhaftierung, Deportation und schließlich die
systematische Ermordung der Roma und Sinti. Der Mediziner Robert Ritter
und die Psychologin Eva Justin waren die beiden maßgeblichen Protagonisten
dieser „rassenbiologischen Untersuchungen“. Sie arbeiteten nach 1945 in
exponierten Positionen im Stadtgesundheitsamt bzw. dem Jugend- und
Sozialamt der Stadt Frankfurt. Weder Justin noch Ritter wurden für ihre
Verbrechen zur Verantwortung gezogen. Die Tafel wies aus diesen
Zusammenhang hin und benannte die Täter.
Nach dem Umzug des Stadtgesundheitsamtes 2009 wurde vertraglich
zugesichert, dass der neue Eigner, der Börsenverein des deutschen
Buchhandels, bei Abschluss der Renovierungsarbeiten die Tafel wieder an
historischem Ort anbringt. Auch Kulturdezernent Semmelrogge bestätigte
dies anlässlich einer Anfrage im Römer. Unmittelbar nach Entfernung der
Tafel wandte sich der Förderverein Roma am 26.4.2010 an den Börsenverein,
der sich bisher nicht gemeldet hatte und fragte nach dem Verbleib. In dem
Gespräch versicherte ein Mitarbeiter des Börsenvereins, dass die Tafel per
Auftrag von der Abrissfirma sichergestellt worden sei. Es wurde
vereinbarte, dass sie für den Zeitraum der Bauarbeiten in der
Geschäftsstelle des Förderverein Roma öffentlich ausgestellt wird. Am
6.5.2010 teilte der Börsenverein schließlich mit, dass die Tafel nicht von
der Abrissfirma entfernt, sondern gestohlen worden sei und Anzeige
erstattet werde. In jedem Fall würde die Tafel auf Kosten des
Börsenvereins reproduziert und am Gebäude in der Braubachstraße wieder
angebracht.
Für den Förderverein Roma stellt sich die Frage, wie es zu diesem
Diebstahl kommen konnte. Bisher verblieb die Tafel über 10 Jahre ohne
Beschädigung am Gebäude. Bezeichnenderweise erfolgte der Diebstahl im Zuge
der aktuellen Bauarbeiten. Es lag eindeutig im Verantwortungsbereich des
Börsenvereins, die Tafel als historisches und aktuelles Dokument zu
behandeln, d. h. die entsprechende Sorgfalt und den angemessenen Respekt
walten zu lassen. Der Förderverein erwartet, dass die Vorgänge, die zum
Verlust der Tafel geführt haben, offen gelegt werden und dass alles
unternommen wird sie wieder zu beschaffen.
Ffm., den 08.05.2010
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