Dieser Leserbrief wurde von der Frankfurter Rundschau nicht abgedruckt.
 

 

Leserbrief zu „Ausgrenzung in Frankfurt“ (von Felix Helbig, FR vom 12.06.2012)

FR-Autor Helbig berichtete am 12.6. vom Fall zweier hochschwangerer Frauen im Occupy-Camp. Sie würden angeblich ein „Problem“ sichtbar werden lassen. Was für ein Problem? Die Frauen seien „nicht einfach nur hochschwanger“, so Helbig. „Die beiden Frauen sind Roma“!

Das eigentliche „Problem“ scheint mithin die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe, in diesem Fall die Sinti und Roma. So zu argumentieren, nennt man gemeinhin Rassismus. Acht mal assoziiert Helbigs Artikel Sinti und Roma mit dem Begriff „Problem“: „humanitäres Problem“, „europaweites Problem“, „wachsendes humanitäres Problem“... jede Steigerung scheint hier gerade recht. Die Behörden führen angeblich einen „aussichtslosen Kampf“, denn – so Helbig - die Sinti und Roma „werden stetig mehr“ in Frankfurt. So wird eine ganze Bevölkerungsgruppe negativ markiert und stigmatisiert, nur weil hiesige Behörden glauben, sich angesichts zweier hochschwangerer Frauen als überfordert darstellen zu müssen.

Eine offenbar überforderte Sozialstadträtin und eine scheinbar ebenso überforderte Sozialarbeiterin erscheinen im Artikel als Gewährsleute dieser problematischen Sichtweise.
Wir wollten die „gut ausgebildeten Polen“, aber es kommen „die ganz Armen“! Die Lösung: Bustickets für die Rückfahrt! Aber die Rückreise führt die Roma und Sinti in ein Land, in dem sie „auch nicht gewollt werden“, schreibt Helbig. Ein verräterisches „auch“! Dort will man sie nicht - und hier offensichtlich auch nicht! Wer will Sinti und Roma nicht? Der FR-Autor? Die Sozialstadträtin? Wir alle? Deutschland den Deutschen?

Frankfurt wird in dem Artikel als Opfer der europäischen Freizügigkeit präsentiert. Die Wahrheit ist: Das reiche Frankfurt - angeblich überfordert mit zwei hochschwangeren Roma-Frauen! - will die Armen nicht. Aber Wohlstandschauvinismus löst die Probleme nicht, und für zwei schwangere Frauen kann man in Notlagen nach Richtlinie 2004/38/EG (Art.16) bzw. nach
§ 23 Abs.1, S. 3 i.V. m. § 23 Abs.3 SGB XII eine pragmatische Lösung finden, ohne gleich einen Riesenaufriss zu machen.

Juanita Henning, Doña Carmen e.V.