Kundgebung am 28.01.2019, 18.00
Uhr, Mahntafel, Haus des Buches, ehemaliges Stadtgesundheitsamt Ffm.,
Braubachstraße 18-22, 60311 Ffm.
Während der NS-Zeit wurden
über eine halbe Million Roma und Sinti ermordet. Nach der akribischen
Erfassung durch „Rasseforscher“ in den 30er Jahren erfolgte die
Inhaftierung, Deportation und schließlich die industrielle Vernichtung der
Roma und Sinti. Allein in Auschwitz wurden in einer einzigen Nacht 2900
Roma und Sinti vergast.
Der Mediziner Robert Ritter und die
Psychologin Eva Justin waren die beiden maßgeblichen Protagonisten dieser
„rassenbiologischen Untersuchungen“. Beide arbeiteten nach 1945 im
Stadtgesundheitsamt bzw. dem Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt.
Weder Justin noch Ritter wurden für ihre Verbrechen zur Verantwortung
gezogen. Im Stadtgesundheitsamt befand sich während der NS-Zeit die
„Erbkartei“, die u. a. Grundlage für die spätere Deportation und
Vernichtung war.
Am 27.1.2000 brachten die Roma-Union Frankfurt,
der Förderverein Roma und verschiedene Einzelpersonen eine Gedenktafel,
die ausschließlich von privaten Unterstützern finanziert wurde, gegen den
langjährigen Widerstand des Kulturdezernats, des Instituts für
Stadtgeschichte und der Mehrheit des Ortsbeirats am Stadtgesundheitsamt
an. Sie erinnert an die Verbrechen, nennt die Täter und fordert
Verantwortung ein.
Die aktuellen Informationen über neonazistische
Gruppierungen in der hessischen und bundesdeutschen Polizei, die damit
zusammenhängende Todesdrohung gegenüber der Anwältin von NSU-Opfern
Seda Basay Yildiz und ihrer Tochter, die Anschläge auf alternative
Einrichtungen in den letzten Wochen zeigen die Spitze einer
menschenverachtenden Einstellung, die in der Mitte der Gesellschaft
verankert ist. Die letzte Leipziger Autoritarismus Studie dokumentiert die
Ablehnung von Roma und Sinti bei 60-70 % der repräsentativ Befragten.
Der Förderverein Roma weist nachdrücklich auf die Zunahme von
Repressalien, Verunglimpfungen und Gewalt gegenüber Roma hin. Menschen-
und Bürgerrechte der größten europäischen Minderheit werden missachtet.
Die vorherrschende Stimmung zeigt mehr denn je, dass alle Elemente des
Jahrhunderte alten Rassismus innerhalb kürzester Zeit abrufbar und
politikfähig sind, auf breite gesellschaftliche Zustimmung stoßen und eine
tödliche Gefahr für alle Roma und Sinti darstellen.
Ffm., den
15.1.2019
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