In Hanau wurden in der Nacht zum 20.02.2020 mindestens neun
Menschen ermordet und sechs verletzt. Unter den Ermordeten ist eine junge Romni, die in einer Shisha-Bar, einem Tatort, arbeitete und zwei Kinder
hinterlässt. Ihr Mann, der sie besuchte, überlebte den Anschlag. Sie
wurden Opfer eines Täters, der über Video und ein Bekennerschreiben seine
rechtextreme und neonazistische Gesinnung bekundete und begründete. Erste
Verlautbarungen von offizieller Seite schoben die Tat schnell auf die
Ebene einer isolierten, psychisch kranken Person oder sahen die Motive -
wie bereits bei den NSU-Morden – im kriminellen Milieu.
Die Tat war
vorhersehbar. Nicht allein, weil das militante rechtsextreme Umfeld immer
brutaler agiert, wie beispielsweise bei den Anschlägen in Halle und
München, sondern auch, weil sich seit Jahren die tödlichen Hasstiraden von
rechts u. a. über die AfD nachdrücklich in der sogenannten bürgerlichen
Mitte und letztlich in der Mehrheit der Gesellschaft etablieren. Es bleibt
nicht ohne Folgen, wenn Minderheiten, insbesondere Roma und Sinti,
Flüchtlinge und MigrantInnen bedroht und diskriminiert werden, ohne dass
dies nennenswerte Konsequenzen für die gutorganisierten Denunzianten nach
sich zieht.
Der schockartige Aufschrei nach der Ermordung des
Regierungspräsidenten in Kassel, war vor allem dem Umstand geschuldet,
dass in den Jahrzehnten vorher nicht oder nur unzulänglich bei
rassistischen und antisemitischen Straftaten ermittelt wurde und dass das
Opfer nicht in die bisherigen Schemata von Bandenkriegen, Wohnsitzlosen
und MigrantInnen passte. In diesem Zusammenhang erinnert der Förderverein
Roma an die Beschuldigung von Roma im Zuge der Ermittlung hinsichtlich der
NSU-Morde, an die nicht aufgeklärten Brandanschläge auf Roma in Frankfurt
und an das Bedrohungsschreiben an die Rechtsanwältin Basay Yildiz, das aus
dem 1. Polizeirevier in Frankfurt kam.
Die frühe Prognose vieler
ernstzunehmender KritikerInnen, dass sich die wachsende politische
Legitimierung von Antisemitismus, Rassismus und abgrundtiefem Hass
gegenüber Roma und Sinti zunehmend in offene Gewalt umschlägt,
bewahrheitet sich durch den Anschlag in Hanau deutlicher denn je.
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose,
erklärte: „Der Zentralrat und alle Sinti und Roma in Deutschland trauern
mit den Angehörigen um die ermordete junge Frau, die Mutter von zwei
Kindern. Wir trauern um sie und um alle Opfer dieses rechtsterroristischen
Anschlags. Wie schon bei dem rechtsradikalen Anschlag auf das
Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München im Juli 2016 sind auch in Hanau
Angehörige unserer Minderheit unter den Opfern“.
Der Förderverein
Roma drückt sein Beileid gegenüber den Angehörigen der Opfer aus. Er
fordert eine rasche und rückhaltlose Aufklärung und ruft dazu auf, sich
Rassismus und Antisemitismus auf allen Ebenen entgegenzustellen.
Ffm., den 20.2.2020
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