Frau S., eine seit zwei Jahren in Frankfurt lebende und tätige
rumänische Sexarbeiterin mit Roma-Hintergrund hat am 22.06.2020 in der
Frankfurter Uni-Klinik ihre Tochter A. zur Welt gebracht – und das Kind
umgehend vom Jugendamt abgenommen bekommen! Doña Carmen wirft der Stadt
Frankfurt diesbezüglich institutionellen Rassismus vor und fordert die
sofortige Rückgabe des Kindes an die Kindsmutter. Offenbar reichen die
Merkmale „Sexarbeiterin / Migrantin / Roma“ heute wieder aus, rechtliche
Verpflichtungen außer Acht zu lassen und mit erschreckender
Rücksichtlosigkeit und Kaltblütigkeit gegen Menschen vorzugehen, die man
aus diesem Land lieber heute als morgen herausgedrängt sieht. Was ist
passiert? Frau S. geht seit zwei Jahren in Frankfurt der Prostitution
nach. Sie ist als Sexarbeiterin, als solche registriert und hat den
entsprechenden obligatorischen Hurenpass. Sie zahlt täglich (!) ihre
Steuern nach dem von den Finanzbehörden ohne gesetzliche Grundlage seit
Jahren betriebenen so genannten „Düsseldorfer Verfahren“. Aufgrund des
seit nunmehr drei Monaten geltenden behördlichen Verbots des Betriebs von
Prostitutionsstätten wegen der Corona-Krise hat Frau S. vorübergehend
Unterkunft in einem einfachen Hotel nehmen müssen. Die Kosten dafür hat
sie über fast drei Monate hinweg aus ihren Ersparnissen bestritten.
Erst am 2. Juni 2020, als ihre Ersparnisse aufgebraucht waren, wandte sich
Frau S. an Doña Carmen e. V. und stellte mit Unterstützung von Doña Carmen
einen ALG-II-Antrag, der auch die Übernahme der Mietkosten vorsah. Doch
entgegen den gesetzlichen Vorgaben des von der Bundesregierung
beschlossenen vereinfachten ALG-II-Verfahrens, „schnell und
unbürokratisch“ zu handeln, verlangte das Frankfurter Jobcenter erst am 5.
Juni 2020 und anschließend nochmal am 15. Juni 2020, weitere Unterlagen
nachzureichen. Geld floss in dieser Zeit nicht. Die Corona-Maxime „erst
zustimmen, dann prüfen“, wie sie in anderen ALG-II-Verfahren anstandslos
praktiziert wird, wurde hier nicht angewandt. Zudem hat das Jobcenter
Frau S. aufgefordert, sich wegen einer preisgünstigen Unterkunft mit der
Abteilung „Besondere Dienste 3“ in Verbindung zu setzen, was mit
Unterstützung von Doña Carmen auch geschah. Am 18. Juni 2020 beantragte
Frau S. einen Vorschuss vom Jobcenter, worauf sie allerdings bis heute
keine Antwort erhielt. Als Frau S. am 22. Juni 2020 in der Frankfurter
Uniklinik eine gesunde Tochter zur Welt brachte, wurde ihr das Neugeborene
unmittelbar nach der Geburt auf Drängen des Frankfurter Jugendamts
angeblich wegen „dringender Gefahr für das Wohl des Kindes“
(Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII) abgenommen. Als Gründe für die
seitens des Jugendamts vorgenommene „Anordnung des sofortigen Vollzugs“
wurde kurz und knapp „unklare Wohnverhältnisse und finanzielle
Situation der Kindesmutter“ angeführt. Doch niemand vom
Jugendamt hielt es für nötig, die Wohnung der Mutter aufzusuchen und in
Augenschein zu nehmen. Niemand vom Jugendamt setzte sich mit dem Jobcenter
in Verbindung, um sich im Benehmen mit dem Jobcenter um die schon vor drei
Wochen beantragte Finanzierung der Wohnung zu bemühen, worauf die Frau
einen Rechtsanspruch hat. Anstatt seiner gesetzlichen Verpflichtung
nachzukommen und Frau S. und ihrem Neugeborenen eine kostengünstige
Unterkunft in einer Mutter-Kind-Einrichtung zuzuweisen, hielt es das
Jugendamt stattdessen für angebracht, der verzweifelten Mutter ihr
neugeborenes Kind abzunehmen, es in eine Kinderklinik bringen zu lassen
und der Mutter zu verdeutlichen, man würde ihr ein Ticket nach Rumänien
geben, dann könne sie ihr Kind wiederbekommen. Die Behauptung der
Frankfurter Jugendbehörde, ein „milderes gleich geeignetes Mittel
kommt vorliegend nicht in Betracht“, kann vor diesem Hintergrund
nur als bequeme und billige Rechtfertigung für die eigene Untätigkeit
zugunsten der Mutter angesehen werden. Mehr noch: Das gegen die Mutter
gerichtete Zusammenspiel von Krankenhaus, Jobcenter und Jugendamt steht
für einen institutionalisierten Rassismus, der sich bezeichnenderweise
gegen eine migrantische Sexarbeiterin mit Roma-Hintergrund richtet.
Die rassistische Diskriminierung von Angehörigen der Roma kennt man
aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die Stadt Frankfurt wäre gut
beraten, ein kritisches Augenmerk auf derartige Praktiken zu richten und
auszuschließen, dass sich ein solcher Umgang mit Roma-Frauen kein weiteres
Mal wiederholt. Doña Carmen e.V. fordert die sofortige Herausgabe des
Kindes an seine Mutter und die umgehende Zurverfügungstellung einer
angemessenen Unterkunft für Frau S. Das Jobcenter hat umgehend das der
Frau zustehende ALG II auszuzahlen! Dem Rassismus keine Chance !
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