Bundes-Familienministerin Giffey hat 2009 eine Doktorarbeit vorgelegt, die
nun auch uns beschäftigt. Weniger weil sich auch in diesem Fall
ParteipolitikerInnen unbedingt einen Doktortitel zulegen wollen, und
deshalb - sei es aus Unfähigkeit oder Desinteresse - Arbeiten vorlegen,
die wissenschaftlich unhaltbar sind und von Plagiaten strotzen.
Vielmehr müssen wir den Antiziganismus in der Doktorarbeit von Franziska
Giffey würdigen.
"Im Norden Neuköllns gibt es seit einigen Jahren,
vor allem seit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur Europäischen
Union, einen wachsenden Zuzug von Roma - Familien, die aufgrund ihrer
Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Stämmen, eine ethnisch sehr heterogene
Gruppe bilden. Die Familien organisieren ihre Lebensweise und Kultur
überwiegend in Clanstrukturen. Sie haben sprachlich und interkulturell
bedingt große Hemmnisse oder Vorbehalte in Bezug die Inanspruchnahme von
staatlichen Angeboten der offenen, ambulanten und stationären Jugendhilfe
und von allgemeiner Familienberatung."
Während deutsch-Deutsche
Herkunft und Familie haben, werden bei Roma "unterschiedliche Stämme" und
"Clanstrukturen" festgestellt, was in der deutsch-volkskundlichen
Tradition für Primitivität und Kriminalität steht. Warum eine "ethnisch
sehr heterogene Gruppe" (immerhin kommen die Leute aus verschiedenen
Landesteilen in Rumänien und Bulgarien) klassifiziert werden muss, hat
wohl mit den interkulturellen Vorbehalten der Doktorantin zu tun.
Weiter im Text: "Gleichzeitig haben die meisten den Wunsch nach einem
dauerhaften Aufenthalt in Deutschland. Mit dieser Situation sind einige
gravierende Problemlagen verknüpft. Viele Kinder besuchen nur unregelmäßig
die Schule oder sind komplett schuldistanziert. Es gibt
Verwahrlosungstendenzen aus der Perspektive der nach westeuropäischen
Maßstäben aufgestellten Kinderschutzrichtlinien. Daraus resultieren
Nachbarschaftskonflikte und Diskriminierungen durch andere ethnische
Gruppen, vor allem seitens der arabischen und türkischen Bewohner.
Auffällig sind Vorkommnisse von sehr jungen (Zwangs-) Verheiratungen und
arrangierten Ehen sowie Jugendprostitution. Diese Probleme treffen
allerdings nicht nur für die ethnische Gruppe der Roma, sondern auch für
andere Gruppen zu. Weitere Problemfelder sind ein ungeklärter
Aufenthaltsstatus, Kriegstraumatisierungen und Identitätsunsicherheiten
bei einem nicht unwesentlichen Teil der Neuköllner Bevölkerung (Bezirksamt
Neukölln 2008b)."
Und die Roma wollen BLEIBEN!. Deren Wunsch nach
dauerhaftem Aufenthalt verknüpft Giffey mit "gravierenden Problemlagen",
gar "Problemfelder(n)",sowie "Tendenzen", oder auch "Vorkommnissen", und
stellt diese den „.. Maßstäben", "..Richtlinien", also den normativen
Stereotypen entgegen. Das führe, so weiter, zu Konflikten und
Diskriminierung, nicht etwa mit oder durch deutsche Gruppen, sondern
anderen Ethnien, sprich: "arabische und türkische Bewohner". Aber diese
Problem-Lagen-Tendenzen-Felder werden dann auch irgendwie bei einem "nicht
unwesentlichen Teil" all dieser Bevölkerung vom Neuköllner Bezirksamt
registriert, dem Frau Giffey angehörte. Wenn, wie hier behauptet,
diese "Probleme … nicht nur für die ethnische Gruppe der Roma, sondern
auch für andere Gruppen" zutreffen, warum macht die heutige Ministerin Giffey die Gruppe der Roma zum Gegenstand ihrer "Analyse"? Für uns kein
Geheimnis. Es ist Antiziganismus. Es ist auch kein Rätsel, warum sie
über Diskriminierungen "vor allem seitens der arabischen und türkischen
Bewohner" gegen Roma fabuliert und damit ihre deutsche "Ethnie" entlastet.
Es ist Rassismus. Die erhobenen Plagiatsvorwürfe bleiben im Formalen.
Weit schwerer wiegt für uns, dass das bekannte Narrativ über die
Minderheit weitergeschrieben und praktisch umgesetzt wird. Was früher die
"Landfahrerdatei" und andere Datensammlungen über die Minderheit der Roma
und Sinti waren, wurde im Bezirksamt als jährlicher "Roma-Statusbericht"
(2011-2014) erfasst. Unter der Leitung von Frau Dr. Giffey.
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