Polizei tötet in Tschechien einen jungen Rom (22.06.2021)



Bis 2008 wurden in Tschechien Zwangssterilisationen an Romnija durchgeführt. Erst jetzt gibt es Aktivitäten, die Verbrechen einzugestehen, Verantwortlichkeiten zu benennen und zu entschädigen. Seit Jahren kritisieren Verbände den gewalttätigen Antiziganismus in dem Land, der durch die Pandemie weiter verschärft wurde. Um so bezeichnender ist der aktuelle Vorgang der Tötung eines jungen Rom durch die Polizei.


Der Förderverein Roma veröffentlicht die Pressemitteilung des Zentralrats der deutschen Sinti und Roma:.

Zentralrat verurteilt das brutale Vorgehen der tschechischen Polizei in Teplice, das zum Tod eines Angehörigen der Minderheit führte – Zentralratsvorsitzender Romani Rose fordert lückenlose Aufklärung des Vorfalls und harte Bestrafung der beteiligten Polizisten.

Als „menschenverachtendes Vorgehen, das in seiner Abscheulichkeit und Brutalität nicht zu fassen ist“, bezeichnet Romani Rose, Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, den Einsatz der tschechischen Polizei, der zum Tode eines jungen Rom führte. Und zieht Parallelen zum Tod des US-Amerikaners Georg Floyd. Rose fordert die lückenlose Aufklärung und harte Bestrafung der beteiligten Polizisten. Außerdem will er Gespräche mit dem tschechischen Botschafter in Berlin und dem deutschen Außenminister Heiko Maaß führen. Darüber hinaus wird der Zentralrat direkt beim tschechischen Innenminister Jan Hamacek intervenieren.

Laut Medienberichten soll es sich um eine Prügelei zwischen zwei Männern gehandelt haben, als die Polizei am Tatort antraf. Während der eine flüchtete, lag der andere verletzt auf der Straße, als er von den Polizisten angesprochen wurde. Laut Polizei habe er äußerst aggressiv reagiert.

Nur weil ein Zeugenvideo im Netz veröffentlicht wurde, kam der Vorfall in Teplice, einer Kleinstadt nahe der deutschen Grenze, an die Öffentlichkeit. Darauf ist zu sehen, ähnlich wie im Fall Floyd, dass zeitweise drei Polizisten auf dem jungen Mann knieten. Einer von ihnen insgesamt sechs Minuten auf dem Nacken und dem Hals des am Boden Liegenden. Auch als der Festgehaltene nach vier Minuten keinen Ton mehr von sich gibt, fährt der Polizist mit seiner „Intervention“ auf dem mittlerweile regungslosen Mann fort. Er verstarb laut Angaben der Polizei noch während des Rettungseinsatzes.

Der tschechische Innenminister Jan Hamacek stellte sich kurze Zeit später hinter die beteiligten Polizisten. Sie hätten seine „volle Unterstützung“ schrieb der Sozialdemokrat auf Twitter. Der Mann habe unter Drogeneinfluss Autos demoliert. Eine vorläufige Obduktion habe keinen Zusammenhang seines Todes mit dem Polizeieinsatz nachgewiesen, vielmehr habe man eine krankhafte Veränderung der Herzkranzgefäße festgestellt.

„Polizeiliches Handeln braucht Kontrolle und nicht vorschnelle Rechtfertigungen durch den Innenminister“, setzt Romani Rose dem entgegen. „Ich fordere von den tschechischen Behörden, insbesondere vom Innenminister, eine unabhängige Aufklärung des Vorfalls“. Und weiter: „Es darf nicht sein, dass ein Jahr nach dem Tod von George Floyd Minderheitenangehörige noch immer polizeilicher Willkür schutzlos ausgeliefert sind“.

In Tschechien leben etwa 250 000 bis 300 000 Roma. Sie leiden unter Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung.

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma
Herbert Heuss, Wissenschaftlicher Leiter