Bis 2008 wurden in Tschechien Zwangssterilisationen an Romnija durchgeführt. Erst jetzt gibt es Aktivitäten, die Verbrechen
einzugestehen, Verantwortlichkeiten zu benennen und zu entschädigen. Seit
Jahren kritisieren Verbände den gewalttätigen Antiziganismus in dem Land,
der durch die Pandemie weiter verschärft wurde. Um so bezeichnender ist
der aktuelle Vorgang der Tötung eines jungen Rom durch die Polizei.
Der Förderverein Roma veröffentlicht die Pressemitteilung des
Zentralrats der deutschen Sinti und Roma:.
Zentralrat verurteilt das
brutale Vorgehen der tschechischen Polizei in Teplice, das zum Tod eines
Angehörigen der Minderheit führte – Zentralratsvorsitzender Romani Rose
fordert lückenlose Aufklärung des Vorfalls und harte Bestrafung der
beteiligten Polizisten.
Als „menschenverachtendes Vorgehen, das in
seiner Abscheulichkeit und Brutalität nicht zu fassen ist“, bezeichnet
Romani Rose, Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, den
Einsatz der tschechischen Polizei, der zum Tode eines jungen Rom führte.
Und zieht Parallelen zum Tod des US-Amerikaners Georg Floyd. Rose fordert
die lückenlose Aufklärung und harte Bestrafung der beteiligten Polizisten.
Außerdem will er Gespräche mit dem tschechischen Botschafter in Berlin und
dem deutschen Außenminister Heiko Maaß führen. Darüber hinaus wird der
Zentralrat direkt beim tschechischen Innenminister Jan Hamacek
intervenieren.
Laut Medienberichten soll es sich um eine Prügelei
zwischen zwei Männern gehandelt haben, als die Polizei am Tatort antraf.
Während der eine flüchtete, lag der andere verletzt auf der Straße, als er
von den Polizisten angesprochen wurde. Laut Polizei habe er äußerst
aggressiv reagiert.
Nur weil ein Zeugenvideo im Netz veröffentlicht
wurde, kam der Vorfall in Teplice, einer Kleinstadt nahe der deutschen
Grenze, an die Öffentlichkeit. Darauf ist zu sehen, ähnlich wie im Fall
Floyd, dass zeitweise drei Polizisten auf dem jungen Mann knieten. Einer
von ihnen insgesamt sechs Minuten auf dem Nacken und dem Hals des am Boden
Liegenden. Auch als der Festgehaltene nach vier Minuten keinen Ton mehr
von sich gibt, fährt der Polizist mit seiner „Intervention“ auf dem
mittlerweile regungslosen Mann fort. Er verstarb laut Angaben der Polizei
noch während des Rettungseinsatzes.
Der tschechische Innenminister
Jan Hamacek stellte sich kurze Zeit später hinter die beteiligten
Polizisten. Sie hätten seine „volle Unterstützung“ schrieb der
Sozialdemokrat auf Twitter. Der Mann habe unter Drogeneinfluss Autos
demoliert. Eine vorläufige Obduktion habe keinen Zusammenhang seines Todes
mit dem Polizeieinsatz nachgewiesen, vielmehr habe man eine krankhafte
Veränderung der Herzkranzgefäße festgestellt.
„Polizeiliches
Handeln braucht Kontrolle und nicht vorschnelle Rechtfertigungen durch den
Innenminister“, setzt Romani Rose dem entgegen. „Ich fordere von den
tschechischen Behörden, insbesondere vom Innenminister, eine unabhängige
Aufklärung des Vorfalls“. Und weiter: „Es darf nicht sein, dass ein Jahr
nach dem Tod von George Floyd Minderheitenangehörige noch immer
polizeilicher Willkür schutzlos ausgeliefert sind“.
In Tschechien
leben etwa 250 000 bis 300 000 Roma. Sie leiden unter Diskriminierung und
sozialer Ausgrenzung.
Zentralrat Deutscher Sinti und Roma Herbert Heuss,
Wissenschaftlicher Leiter
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