Konzept Sozialpädagogische Lernhilfe gemäß § 27 KJHG


 

1. Voraussetzungen

1.1. Anerkennung als freier Träger in der Jugendhilfe

Der Förderverein Roma ist anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Eine Bestätigung liegt bei. Der Verein ist Mitglied im DPWV. 

1.2. Anerkennung der vorgegebenen Leistungsbeschreibung

Die vorgegebene Leistungsbeschreibung erkennt der Förderverein an.


2. Gründe für eine Bewerbung

In den letzten zehn Jahren sind viele osteuropäische Roma in die Bundesrepublik geflüchtet. Schätzungen gehen davon aus, dass alleine im Rhein-Main-Gebiet etwa zwei bis dreitausend Roma, vor allem Roma-Familien aus Rumänien, leben. Der Anteil derer, die kaum oder nicht die Schule besuchen, ist alarmierend. Gleichzeitig zeichnet sich auch ein Defizit der herkömmlichen Institutionen ab, das auf mangelnde Information, auf mangelnden Austausch und fehlende Empathie zurückzuführen ist. 
Ein entsprechend abgestimmtes Lernhilfeangebot trägt zur Integration und zum Aufbau einer realen Perspektive für die betroffenen Kinder und Jugendlichen erheblich bei. Die Lernhilfe wäre zudem eine sinnvolle Ergänzung der pädagogischen Arbeit der Kindertagesstätte "Schaworalle", die der Verein seit einem Jahr für Rom-Kinder betreibt.

Einzelne Mitarbeiter des Vereins sind seit 15 Jahren im Felde der pädagogischen Arbeit mit Roma-Familien aus Osteuropa tätig. Geschichte, Tradition, Kultur und Identität der Familien, die Erfahrung von Ausgrenzung und Flucht sind die maßgeblichen Hintergründe, die in diesem Feld zu berücksichtigen sind. Soziale Randständigkeit, unsicherer Aufenthalt, desolate Unterbringung, mangelhafte Versorgung und bedrückende Existenzängste bilden die Rahmenbedingungen, die den Zugang zu den Bildungseinrichtungen enorm erschweren. Die Bewältigung der Alltagsprobleme stehen an erster Stelle. 
Andererseits dominiert in vielen öffentlichen Institutionen das Klischee über die "Zigeuner"; muttersprachlicher Unterricht für Roma-Kinder existiert nicht. Fähigkeiten, Fertigkeiten, Talente, Neigungen und Begabungen bleiben unberücksichtigt.

Die Praxis zeigt, dass eine voraussetzungslose Einschulung oder Beschulung oft scheitert. Allein der Versuch, orientiert an der Identität der Familien und speziell der Kinder, pädagogische Hilfestellungen in Auseinandersetzung mit den tagtäglichen Erfordernissen und Schwierigkeiten gemeinsam zu entwickeln, ist erfolgversprechend. Der Katalog individueller sozialpädagogischer Hilfen innerhalb und außerhalb der Familien, die enge Kooperation mit den Jugend- und Sozialämtern und den Schulen beschreibt die Grundlage einer sinnvollen pädagogischen Intervention. Sie hat die größte Chance, den Teufelskreis von fehlender Schul- und Ausbildung, von ausbleibender Berufsperspektive und Devianz zu durchbrechen. 

Durch die langjährige pädagogische Arbeit, die Beratungstätigkeit mit den Familien, das Engagement für die Bürgerrechte der Roma und den Einsatz für die Verständigung zwischen Roma und Nicht-Roma erbringt der Verein die Vorbedingung für die vertrauensvolle Kooperation mit den Familien und die notwendigen fachlichen Kenntnisse für ein Angebot im Feld der sozialpädagogischen Lernhilfe. 


3. Trägerbezogene Kriterien

3.1. Erfahrungen im Bereich ambulante Hilfen

Verschiedene Mitglieder des Vereins arbeiten seit 1985 im Bereich Pädagogik und Beratung mit Roma-Familien. 
Von 1994 bis 1998 war der Verein im Rahmen der Einzelfallhilfe für Roma-Familien in Frankfurt/Griesheim tätig. 
1996 wurden Räume für das Projekt "Schaworalle - Hilfe und Unterstützung für Roma-Kinder" angemietet, das seit Mitte letzten Jahres in die Kindertagesstätte "Schaworalle" (40 Kinder, Kindergarten-Bereich, Schulvorbereitung, Alphabetisierung, Freizeitpädagogik) überführt wurde. Kita sowie Geschäfts- und Beratungsstelle des Förderverein Roma e. V. befinden sich in der Siolistraße 6. Ab Mitte 2001 werden Räumlichkeiten in der Stoltzestraße (Konstabler Wache) bezogen.

3.2. Erfahrungen als Anbieter Soz.päd. Lernhilfe gem. § 27 KJHG

Im Rahmen der Hilfen zur Erziehung ist der Verein


- hinsichtlich der Kontaktnahme zwischen Schule, Eltern und Schülern und in enger Zusammenarbeit mit dem Stadtschulamt, dem Jugendamt und dem staatlichen Schulamt,

- hinsichtlich der Beratung der Schulen und der Beratung und Betreuung der Eltern und Kinder,

- hinsichtlich der Stabilisierung und Absicherung der persönlichen Lebensbedingungen,

- hinsichtlich der Alphabetisierung, Schulvorbereitung und pädagogischen Betreuung der Kinder innerhalb der Kindertagesstätte "Schaworalle",

- hinsichtlich der Entwicklung und Vermittlung von speziellen auf die Lebenssituation der Kinde konzipierten Methoden und Inhalten,

- hinsichtlich der pädagogischen Betreuung in romanes,

- hinsichtlich der Vorbereitung, Unterstützung und Begleitung des Schulbesuchs,

- hinsichtlich der Betreuung der Hausaufgaben,

- hinsichtlich der Vermittlung von geeigneten Schulen,

- hinsichtlich der Information und des Erfahrungsaustauschs von Schule, Familie und Schüler im Hinblick auf Integration und der Schaffung von Empathie für die Identität und Situation der Roma-Kinder,

- hinsichtlich der Aufarbeitung von Lerndefiziten und -blockaden, vor allem der Vermeidung der Laufbahn Regelschule, Sonderschule, ausbleibender Schulbesuch,

- hinsichtlich der Unterstützung von Lernstärken und besonderen Fähigkeiten und

- hinsichtlich eines ausgleichenden Angebots im Bereich Spiel- und Freizeitpädagogik 

tätig.

3.3. Fachberatung, fachliche Begleitung, Dienst- und Fachaufsicht

Die Fachberatung wird durch


- die Fachstelle Jugendhilfe, (Diplompädagoge und Diplomsozialpädagoge, pädagogische Arbeit mit und  Beratung von Roma-Familien seit 15 Jahren, Lehrauftrag an der FH für Sozialpädagogik Ffm.)

- die Leitung der Kindertagesstätte "Schaworalle", (Diplompädagogin, Ausbildung im Bereich Sonder- und Heilpädagogik sowie Kunstpädagogik)

- Mitarbeiterin (Lehrerin und ehemaligen Schulleiterin)

- Mitarbeiter (Sozialpädagoge mit musikpädagogischer Ausbildung)

- Mitarbeiter (Diplom Sozialarbeiter, Theaterpädagoge in Ausbildung, Ausbildung in Gewaltminimierung, Lehrbeauftragter der FH für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt und Darmstadt) 

- eine Stelle, die von einem Roma besetzt und für den Bereich Jugendhilfe konzipiert ist,

- Fortbildungsangebote und Supervision sowie

- eine für Mitte des Jahres projektierten Lehrerstelle im Bereich Schulpädagogik 

gewährleistet und dokumentiert. Die festgehaltenen Entwicklungsverläufe und Ergebnisse sind Bestandteil des Hilfeplans.

Die fachliche Begleitung findet durch die regelmäßige Teambesprechung aller MitarbeiterInnen statt. 
Darüber hinaus stehen für die fachliche Begleitung der Arbeitskreis Roma (JA, Sozialamt, Polizei, Stadtschulamt, staatliches Schulamt, AmkA) sowie ein pädagogische Arbeitskreis mit dem AmkA und dem hessischen Institut für Lehrerfortbildung zur Verfügung.

Die Dienst- und Fachaufsicht wird seitens der Geschäftsführung und des Vorstandes des Fördervereins wahrgenommen.

3.4. Fachliche Qualifikation des pädagogischen Personals


- Fachstelle Jugendhilfe, Diplompädagoge, Diplomsozialpädagoge

- Leiterin Kita, Diplompädagogin (Sonder- und Heilpädagogik)

- Bewerber für die Hilfe zur Erziehung:

+ Diplompsychologin, Ausbildung als psychologische Psychotherapeutin, seit zwei Jahren sozialpädagogische Lernhilfe in einer Roma-Familie, seit drei Jahren in einer türkischen Familie,

+ DiplomsozialpädagogIn, DiplomsozialarbeiterIn, DiplompädagogIn mit Schwerpunkten in der Migrationsarbeit und der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,

+ StudentInnen der Fachrichtungen Sozialpädagogik, Sozialarbeit, Diplompädagogik Psychologie mit Erfahrungen in der Migrationsarbeit und der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.



4. Standortbezogene Kriterien

4.1. Umfang des möglichen Einzuggebietes

Der Förderverein Roma arbeitet seit etwa 10 Jahren in Frankfurt am Main. Durch die Tätigkeit innerhalb der Beratung und Öffentlichkeitsarbeit und durch die pädagogischen Aktivitäten werden alle in Frankfurt am Main und Umgebung lebende Roma Familien aus Osteuropa, vor allem aus Rumänien, angesprochen. 
Es wird beabsichtigt, in den Familien, die sowohl im Innenstadtbereich als auch in den Randbezirken leben und dort, wo dies sinnvoll erscheint, innerhalb der Kita in der Siolistraße bzw. Stoltzestraße, die sozialpädagogischen Lernhilfen zu installieren.

4.2. Mögliche Synergieeffekte durch Verknüpfung mit anderen Angeboten/Absichtserklärungen, Planungen

Der Förderverein Roma bietet durch den engen Austausch zwischen sozialpädagogischer Lernhilfe und dem pädagogischen Betrieb Kita die Möglichkeit, die notwendigen Entwicklungsstadien der Arbeit gemeinsam zu reflektieren und entsprechende Prognosen sowohl individuell als auch in Kleingruppen umzusetzen.
Die enge Kooperation mit dem Stadtschulamt, dem staatlichen Schulamt, dem Jugend- und Sozialamt, der Jugendgerichtshilfe, dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten und der Ausländerbehörde thematisiert darüber hinaus alle pädagogischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die für den Aufbau und die Perspektive der Lernhilfe von großer Bedeutung sind.

4.3. Konzeptionelle Eckpunkte 

Ausgangsvoraussetzungen:

Die Existenz der Kinder ist in der Regel ungesichert. Dies äußert sich vor allem


- im begrenzten Aufenthalt,

- in der eingeschränkten oder ausbleibenden Unterstützung über HLU oder das Asylbewerberleistungsgesetz,

- in der unzureichenden Unterkunft (Hotel, Notunterkunft, überbelegte Wohnungen)

Die Folge hiervon ist:


- mangelnde Versorgung in allen Lebensbereichen,

- unzureichende bis fehlende Versorgung bei Krankheiten,

- der Zwang, bereits im Kindesalter zur Existenz der Familie beizutragen,

- Betteln, kleinere Diebstähle etc.,

- ausbleibender Schulbesuch oder eine hohe Anzahl von Fehltagen,

- fehlende Schulbildung/Ausbildung

- kein kindgerechtes Angebot.

Zielsetzungen im Rahmen der sozialpädagogischen Lernhilfe:


- Unter Berücksichtigung der sozialen Situation sowie in Anbetracht der Identität und Erfahrung der Familie wird eine auf das Kind abgestimmten Methodik und Didaktik entwickelt, d. h. 

- Förderung und Forderung von individuellen Fähigkeiten, Begabungen, Talenten und Neigungen, 

- persönliche Stabilisierung, Unterstützung von Kompetenz und Kritikfähigkeit,

- enge Kooperation mit den Eltern unter Beteiligung eines Roma-Moderators (Erklärung von Defiziten, Möglichkeiten einer gemeinsamen Intervention),

- enge Kooperation mit der in Frage kommenden Schule oder Ausbildungsstätte (Gespräche mit Fachlehrern, Schulleitern),

- Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, der Sozialstation, der Jugendgerichtshilfe

- ausgleichendes Freizeitangebot,

- Ferienfreizeiten,

- Beteiligung an Freizeitmöglichkeiten im Stadtteil und generellen Angeboten

Verlauf der Durchführung:


- Gemeinsames Gespräch zwischen Lernhelfer, der Anleitung, den Eltern, einem Roma-Mediator und dem ASD,

- Reflexion mit den pädagogischen Fachkräften des Vereins, soweit das Kind bereits über Einzelfallhilfe, über das Projekt "Schaworalle" oder die Kita betreut wurde,

- Ausarbeitung eines Hilfeplans, 

- Erstellen eines Entwicklungsberichts nach sechs Monaten, 

- gemeinsame Reflexion mit allen Beteiligten über die geleistete Arbeit und 

- einer weiteren Perspektive.



5. Wirtschaftlichkeit, Finanzierungskonzept

Der Verein beabsichtigt vorerst in drei Familien sozialpädagogische Lernhilfen einzurichten. Es handelt sich konkret um vier Kinder, darunter ein Geschwisterpaar, die die Kita besuchen bzw. besuchten und um ein Kind, in dessen Familie der Verein bereits im Rahmen der Einzelfallhilfe tätig war.
Darüber hinaus soll ab Mitte des Jahres eine schon existierende sozialpädagogische Lernhilfe für zwei Roma-Kinder und zwei türkische Kinder übernommen werden. Die Maßnahme wird seit zwei bzw. drei Jahren von einer Psychologin begleitet. In Planung ist die Installation von zwei vollen Stelle (Dipl.päd., Dipl.sozpäd.) für das Geschwisterpaar und den beiden Kindern. Sowie einer halben Stelle für die Übernahme der bereits bestehenden Lernhilfe.

Die Kalkulation für die beiden in Planung befindlichen vollen Stellen orientiert sich an der Kostenrechnung für sozialpädagogische Lernhilfe 1:2 Betreuung Gruppe zu 92,73 DM bei 95 % Auslastung und 12,4 FLS pro Woche je PädagogIn.

Die Kalkulation für die zu übernehmende Lernhilfe (4 Kinder) soll nach Wunsch der Psychologin eine halbe Stelle nach der Kostenrechnung für Sozialpädagogische Lernhilfe 1:3 (Gruppe) zu 95 % Auslastung und 9,9 FLS pro Woche.

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