Grundverständnis zur Konzeption der Bildungsprojekte
Jahresbericht Erwachsenenbildungsprojekt 2024


Bildungsangebot für Roma und Sinti zwischen 25 und 65 Jahren



Konzept der Erwachsenenbildung

Das Angebot einer Unterstützung von Roma im Altersbereich zwischen 25 und 65 Jahren hat die soziale Lage der Familien und Einzelpersonen zu berücksichtigen. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit ist nur möglich, wenn die alltäglichen und zum Teil existentiellen Probleme Beachtung und Hilfe finden. Diese Leistung kann über die Sozialberatung (Aufenthalt, Existenzsicherung, Straffälligkeit, Wohnung etc.) oder über das pädagogische Angebot für Kinder und Jugendliche, das der Förderverein Roma vorhält, erbracht werden. Der Träger profitiert von den bereits seit vielen Jahren bestehenden Kontakten zu deutschen und ausländischen Roma und dem damit verbundenen Vertrauensvorschuss. Darüber hinaus sind die bestehenden Kontakte zu den Kooperationspartnern Rhein-Main-Jobcenter, Jugend- und Sozialamt, Sozialministerium, Ordnungsamt, AmkA und verschiedenen Beschäftigungsinitiativen dienlich in der Gestaltung der Arbeit. 

Anfragen seitens öffentlicher Institutionen, allerdings auch seitens der Familien selbst - die aufgrund der Kontaktnahme mit dem RMJ oder weil berufliche bzw. aufenthaltsrechtliche Interessen eine Rolle spielen - bewegen den Träger neben den eingangs erwähnten generell miserablen Bildungsmöglichkeiten für Roma dazu, ein adäquates Angebot, das über die bisherige Initiative „Mama lernt deutsch“ hinausgeht, zu entwickeln.


Eckpunkte

Den unterschiedlichen Voraussetzungen ist gerecht zu werden, d. h. das Bildungsangebot hat sowohl

den Aspekt der ersten Alphabetisierung und Vermittlung grundsätzlicher Sprachkenntnisse, sowie
Kenntnisse im Lesen, Schreiben, Sprechen als auch
die berufsspezifischen Anforderungen bei bereits fortgeschrittenen TeilnehmerInnen, d. h.
      o Bewerbungsschreiben,
      o Bewerbungstraining,
     
o Begleitung,
      o Vermittlung von Betriesbabläufen und relevanten Kenntnissen

Fortbildungsmöglichkeiten als weitere berufliche Perspektive
      o Praktika
      o Lehrgänge (schweißen, Führerschein etc.) und
      o Ausbildung bzw. Qualifizierung im Hinblick auf Arbeitsvermittlung und Erwerbstätigkeit

zu berücksichtigen.

Hinzu kommen Unterrichtseinheiten im Rahmen der

politischen Bildung, die insbesondere für das Verstehen gesellschaftlicher Prozesse und für das Einbürgerungsverfahren von Bedeutung sind und
Vermittlung lebensweltlicher Kenntnisse (Funktion und Aufgaben von Behörden, Nutzung von Medien, Rechte, Pflichten, Erkundung des Sozialraumes der Stadt, in der man lebt) 


Förderung und begleitende Angebote

Ein binnendifferenzierter Unterricht in zwei Gruppen fördert die Entwicklung und den Übergang in die verschiedenen Stufen und Leistungsprofile für Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts. Die Durchführung bzw. Begleitung des Unterrichts von muttersprachlichen MitarbeiterInnen ist in diesem Zusammenhang von enormer Bedeutung. Die Kommunikation in der Muttersprache ist sowohl vom Verständnis als auch seitens der Entwicklung von Lösungen sehr wichtig. Die muttersprachliche Begleitung unterstützt zudem die Bereithaltung von Gesprächsangeboten in Krisensituationen, hilft bei individuellen Motivationseinbrüchen, persönlichen Problemlagen, psychosozialen und gesundheitlichen Schwierigkeiten, erleichtert den Einstieg in Ausbildung und Erwerbsarbeit und wirkt Stigmatisierungsprozessen entgegen.

Ein weiterer Schwerpunkt sind die Kontakte zu den Familien, vor allem im Hinblick auf die Förderung von Frauen,  d. h. Unterstützung
bei der Beschulung der Kinder,
Pfeil bei der Betreuung von Kleinkindern und bei der
Pfeil Ausbildung bzw. Qualifizierung von Jugendlichen

Ein Bildungsangebot, das ausschließlich Frauen zur Verfügung steht, sollte bei Bedarf vorgehalten werden.

Relevante Kooperationspartner des Erwachsenenbildungsprojektes sind
Pfeil das RMJ
Pfeil die Agentur für Arbeit
Pfeil betriebliche und überbetriebliche Ausbildungs- und Beschäftigungsstätten
Pfeil Träger der weiterführenden Qulifizierung (Caritas, Berlitz, IB, Frankfurter Verein, Werkstatt Frankfurt)
Pfeil die Industrie- und Handelskammer
die Handwerkskammer
Pfeil das Jugend- und Sozialamt u. a. städtische Behörden
Pfeil kommunale und freie Träger im Bereich überbetriebliche Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung
Pfeil Sozialministerium Hessen
Pfeil VHS
Pfeil Initiative EQUALS (Effizienz und Qualität in der Alphabetisierung durch Lebensweltforschung und Entwicklung sozialintegrativer Beratungs- und Lernangebote)

Die enge Zusammenarbeit aller Akteure in Bezug auf die Förderung der einzelnen Person und in Hinblick auf die fortlaufende Gestaltung und Entwicklung des Bildungsangebots bildet die Grundlage der Arbeit.


Förderplan

Vermittlung und Anwendung grundsätzlicher Kenntnisse
Berufskunde/Sozialkunde/Gesellschaftslehre/Handelslehre/Deutsch/ Mathematik/EDV

6 Wochenstunden
Pfeil Ermittlung des individuellen Kenntnisstandes
Pfeil erste Berufsinformation und Entwicklung einer beruflichen Perspektive
Pfeil Erstellen eines Förderplanes
Pfeil Aufbau von Staat und Gesellschaft, Geschichte, Grundbegriffe der Demokratie, Herrschaftsformen, gesellschaftsrelevante Themen (Zusammenleben, Perspektiven, Kultur, Migration)
Pfeil Verträge, Rechte und Pflichten
Pfeil Exkursionen Römer, VHS, hr, Besuch von Veranstaltungen
Pfeil Betriebsbesichtigungen
Pfeil Kontaktnahme mit Weiterbildungseinrichtungen
Pfeil Kontaktnahme mit Betrieben zwecks Ausbildung oder Erwerbsarbeit

6 Wochenstunden 
Pfeil Alphabetisierung (Buchstaben, Wörter, Sätze, Verstehen, Lesen, Scheiben, Bildergeschichten, Anwendung, Grammatik) mit einem Fachlehrer und einem muttersprachlichen pädagogischen Mitarbeiter
Pfeil Festigung der Sprache für Fortgeschrittene (Texte lesen und verstehen, Zeitung, Filme, Bücher, Anträge), Konversation im täglichen Leben (Einkauf, Ämter etc.) und im beruflichen Bereich, Exkursionen in Betriebe, Besuch der Agentur für Arbeit und des Berufsinformationszentrums
Pfeil Sprechen, freies Schreiben und Beschreiben, Argumentieren, Dialog, Kommunikation anhand aktueller Themen, Verhalten in Behörden
Pfeil Vermittlung des Arbeitens im EDV-Bereich, Anwendung des Gelernten

4 Wochenstunden

Pfeil Erstellung einer schriftlichen Bewerbung (Lebenslauf, Zeugnisse, Beurteilungen, Gestaltung der Unterlagen, Beachtung von Profilen und Anforderungen)
Pfeil Bewerbungstraining durch Rollenspiele, Infomaterial, Reflexion mit Videomaterial, persönlicher und sprachlicher Ausdruck und Auftreten
Pfeil Anwendung im EDV-Bereich


TeilnehmerInnen, deren Entwicklungsprozess den Erwerb des Hauptschulabschlusses als empfehlenswert und deren berufliche oder Ausbildungsperspektive durch diese Qualifikation unterstützt wird, soll die Möglichkeit geboten werden, den HSA extern zu erwerben. In diesen Fällen findet eine enge Kooperation mit dem Berufsbildungsprojekt für Roma-Jugendliche statt.

Sozialpädagogische Begleitung/muttersprachliche Unterstützung
39 Wochenstunden für zwei MitarbeiterInnen
Pfeil Hilfe bei Arbeits-, Ausbildungs- oder Qualifikationssuche,
Pfeil Kontaktnahme mit Betrieben
Pfeil Begleitung bei Ämtergängen00
Pfeil Anbahnung von Ausbildung und Erwerbsarbeit
Pfeil Hilfe in Krisensituationen (Familienprobleme, Motivationsbrüche, persönliche Schwierigkeiten, gesundheitliche Probleme)
Pfeil Familienkontakte und -gespräche
Pfeil Weitervermittlung in fachspezifische Beratungen (RMJ, Sozialberatung, Schuldnerberatung, aufenthaltsrechtliche Beratung)
Pfeil Unterrichtsbegleitung und Einzelförderung


Alle Einheiten sind offen und so gestaltet, dass der Quereinstieg möglich ist. Der Unterricht kann dienstags und mittwochs ab 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr und donnerstags ab 10.00 bis 15.00 Uhr in entsprechend ausgestatteten Räumen des Förderverein Roma stattfinden. Es wird binnendifferenziert, in Kleingruppen oder mittels Einzelförderung gearbeitet. Das Personal besteht aus fachlich qualifizierten Honorarkräften für die Unterrichtsbereiche, einer/m Sozialpädagogin/en und einer/m muttersprachlichen pädagogischen Mitarbeiterin/r.

Jeweils ein Mal pro Woche wird in der zweistündigen Teamsitzung aller pädagogischer MitarbeiterInnen die Organisation, Abstimmung und Inhalte der Tätigkeit reflektiert sowie dokumentiert und gegebenenfalls konzeptionelle Überlegungen in Kooperation mit dem RMJ modifiziert.