(Stand: 15. Februar 2005)
Das Hilfeangebot existiert seit dem Jahr 2000 Zurzeit drei
Mitarbeiterinnen
„Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch
intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben,
bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und
Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und
Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer
angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.“ (KJHG, SGB VIII 1a,
Beck Texte 1999)
1. Voraussetzungen
1.1.
Anerkennung als freier Träger in der Jugendhilfe
Der Förderverein
Roma ist anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Eine Bestätigung liegt
bei. Der Verein ist Mitglied im DPWV.
1.2. Anerkennung der
vorgegebenen Leistungsbeschreibung
Die vorgegebene
Leistungsbeschreibung erkennt der Förderverein Roma an.
2.
Gründe für eine Bewerbung
Im Zuge der Öffnung der
osteuropäischen Staaten vor 10 Jahren sind u. a. auch viele Roma Familien
in der BRD geflohen. Vor allem Roma aus Rumänien leben seither im
Rhein-Main-Gebiet. Allein in Frankfurt sind dies nach Angaben der
Ausländerbehörde etwa eintausend Personen. Die Existenz vieler
Familien ist trotz des langjährigen Aufenthalts ungesichert. Ausgrenzung,
offene, rassistisch motivierte Diskriminierung, der oftmals ungeklärte
Aufenthaltsstatus sowie die unzureichende Versorgung erschweren es, eine
menschenwürdige Zukunft aufzubauen. Besonders die Kinder und Jugendlichen
leiden unter dieser Perspektivlosigkeit. Mangelhafte Bildung und
Ausbildung potenzieren die Chancenlosigkeit und Marginalisierung.
Dieser Teufelskreis kann einerseits durch die Öffnung von herkömmlichen
Bildungsinstitutionen bzw. Behörden (Kindergarten, Hort, Schule,
Sozialamt, Ausländerbehörde ...) im Hinblick auf die Belange und
Forderungen der Roma und andererseits durch die Öffnung der traditionellen
Lebensorganisation innerhalb der Familien selbst in Richtung notwendiger
gesellschaftlicher Erfordernissen (Bildung, Ausbildung) und ohne Angst um
Verlust der eigenen Identität durchbrochen werden. Erfahrungsgemäß ist
die akzeptierte Hilfe in der Familie eine zentrale Möglichkeit, um vor dem
beschriebenen Hintergrund eine an den Lebensverhältnissen orientierte
mittel- und langfristige sozialpädagogische Unterstützung zu
gewährleisten.
3. Trägerbezogene Kriterien
3.1. Erfahrungen im Bereich ambulante Hilfen
Verschiedene
Mitglieder des Vereins arbeiten seit 1985 im Bereich Pädagogik und
Beratung mit Roma-Familien. Von 1994 bis 1998 war der Verein im Rahmen
der Einzelfallhilfe für Roma-Familien in Frankfurt/Griesheim tätig.
1996 wurden Räume für das Projekt Schaworalle – Hilfe und Unterstützung
für Roma-Kinder - angemietet, das seit Mitte letzten Jahres in die
Kindertagesstätte „Schaworalle“ (40 Kinder, Kindergarten-Bereich,
Schulvorbereitung, Alphabetisierung, Freizeitpädagogik) überführt wurde.
Die Kita befindet sich in der Siolistraße 6 und wird zu Beginn 2002 in die
Stoltzestraße 14-16 ziehen. Die Jugendhilfestelle, die Beratung und
Geschäftsstelle des Förderverein Roma befindet sich in der Stoltzestraße
17. Es stehen ein Raum für die pädagogische Arbeit und die Einzelbetreuung
sowie ein Büro für die organisatorischen Belange der spFH zur Verfügung.
Durch die langjährige Beratungstätigkeit und pädagogische Arbeit mit Roma
aus Osteuropa verfügt der Verein über die notwendige Erfahrung und über
die unabdingbare Akzeptanz bei den Familien. Der Ausbau der Aktivitäten
des Vereins durch - die Kindertagesstätte „Schaworalle“ mit den Kursen
Alphabetisierung und Schulvorbereitung - die sozialpädagogische
Lernhilfe, - die enge Kooperation mit dem städtischen und staatlichen
Schulamt, dem Sozial- und Jugendamt, der Ausländerbehörde und - die
erweiterte Geschäfts- und Beratungsstelle, deren Angebot zur Zeit etwa 150
Personen wahrnehmen, begünstigt die notwendige Infrastruktur zur
Durchführung der sozialpädagogischen Familienhilfe. Durch die
Beschäftigung von MitarbeiterInnen, deren Muttersprache romanes ist, ist
die Verständigung und das Verständnis gesichert.
3.2.
Fachberatung, fachliche Begleitung im Förderverein Roma
Fachberatung
- die Leitung der Kindertagesstätte „Schaworalle“,
(Diplompädagogin, Ausbildung im Bereich Sonder- und Heilpädagogik sowie
Kunstpädagogik) - Vorstand (Lehrerin und ehemaligen Schulleiterin)
- Mitarbeiter (Sozialpädagoge mit musikpädagogischer Ausbildung) -
Vorstand (Diplom Sozialarbeiter, Theaterpädagoge in Ausbildung, Ausbildung
in Gewaltminimierung, Lehrbeauftragter der FH für Sozialarbeit und
Sozialpädagogik in Frankfurt und Darmstadt) - eine Stelle, die von
einem Roma besetzt und für den Bereich Jugendhilfe konzipiert ist, -
Fortbildungs- und Weiterbildungsangebote und Supervision sowie - zwei
Lehrerstellen im Bereich Schulpädagogik innerhalb der Kita „Schaworalle“
Daneben stehen für die Reflexion der Tätigkeit der Arbeitskreis
Roma (JA, Sozialamt, Polizei, Stadtschulamt, staatliches Schulamt, AmkA)
zur Verfügung.
3.3. Fachliche Qualifikation des pädagogischen
Personals im Förderverein Roma
- Leiterin Kita, Diplompädagogin
(Sonder- und Heilpädagogik) - DiplomsozialpädagogInnen mit
Schwerpunkten in der Migrationssozialarbeit, Theaterpädagogik, in der
Pädagogik der Gewaltminimierung und der pädagogischen Arbeit mit Kindern
und Jugendlichen, - Diplompädagoge mit Schwerpunkt Erwachsenenbildung,
Diplomsozialpädagoge - Lehrerinnen (Grund-, Haupt- und Realschule sowie
sonderpädagogische Zusatzausbildung, Konrektorin)
3.4.
Sozialpädagogische Familienhilfe
Fachberatung, fachliche
Begleitung, Dienst- und Fachaufsicht - Die Beratung und Begleitung
wird von einem Diplompädagogen/ Diplomsozialpädagogen wahrgenommen. Die
Jugendhilfestelle des Vereins, der die sozialpädagogische Familienhilfe
angeschlossen ist, befindet sich in der Stoltzestraße 17.
Darüber
hinaus findet die Begleitung durch:
- einen Diplom-Sozialarbeiter
mit Ausbildung im Bereich Supervision, Theaterpädagogik und
Gewaltminimierung, - eine Lehrerin (ehemalige Konrektorin der
Komeniusschule), - Fortbildungs-, Weiterbildungsangebote, -
Supervision, - durch regelmäßige Team- und Einzelfallbesprechungen und
- soweit Kinder - die innerhalb der sozialpädagogischen Familienhilfe
betreut werden, die Kindertagesstätte „Schaworalle“ besuchen - durch
die Kooperation mit den Lehrerinnen und Pädagogen der Kita
statt.
Die Dienst- und Fachaufsicht wird seitens der Geschäftsführung und des
Vorstandes des Förderverein Roma gewährleistet.
Fachliche
Qualifikation des pädagogischen Personals innerhalb der
sozialpädagogischen Familienhilfe
- Diplomsozialpädagogin,
staatlich anerkannte Erzieherin, berufbegleitende Ausbildung zur
Kunsttherapeutin (Ausbildungszentrum für klientenzentrierte
Psychotherapie und personenorientierte Pädagogik) -
Diplomsozialpädagogin (Tätigkeit in der Lern- und Spielstube, Drogenhilfe,
Management-Training in der Hessischen Verwaltungs- und
Wirtschaftsakademie) Aktuelle Änderungen im Personalstand der spFH
werden den öffentlichen Trägern umgehend mitgeteilt.
4.
Standortbezogene Kriterien
4.1. Umfang des möglichen
Einzugsgebietes
Der Förderverein Roma arbeitet seit etwa 10 Jahren
in Frankfurt am Main. Durch die Tätigkeit innerhalb der Beratung und
Öffentlichkeitsarbeit und durch die pädagogischen Aktivitäten werden alle
in Frankfurt am Main und Umgebung lebenden Roma Familien aus Osteuropa,
vor allem aus Rumänien, angesprochen.
4.2. Mögliche
Synergieeffekte durch Verknüpfung mit anderen
Angeboten/Absichtserklärungen, Planungen
Der Förderverein Roma
bietet durch den engen Austausch zwischen sozialpädagogischer
Familienhilfe und dem pädagogischen Betrieb Kita die Möglichkeit, die
notwendigen Entwicklungsstadien der Arbeit gemeinsam zu reflektieren und
entsprechende Prognosen sowohl individuell als auch in Kleingruppen
umzusetzen. Die enge Kooperation mit dem Stadtschulamt, dem staatlichen
Schulamt, dem Jugend- und Sozialamt, der Jugendgerichtshilfe, dem Amt für
multikulturelle Angelegenheiten und der Ausländerbehörde thematisiert
darüber hinaus alle pädagogischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die
für den Aufbau und die Perspektive der Familienhilfe von großer Bedeutung
sind.
4.3. Generelle Aspekte der sozialpädagogischen Familienhilfe
in Roma Familien
Die Lebenssituation der Romafamilien aus den
verschiedenen Herkunftsländern ist sehr unterschiedlich. Deutsche Roma-
und auch Sintifamilien, die schon seit Generationen hier leben, haben oft
keine oder wenig Probleme hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen, sozialen
oder ausländerrechtlichen Situation. Die Kinder besuchen die Schule,
zumindest bis zum Eintritt der Pubertät. Fast jede dieser Familien hat
Angehörige in der Zeit der Nazidiktatur verloren, daher prägen oft
Misstrauen und Distanz das Verhältnis der älteren Leute gegenüber den
Institutionen der Mehrheitsgesellschaft. In Frankfurt lebt eine große
Gemeinde von Romafamilien polnischer Herkunft. Die meisten dieser
Familien, die Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre nach Deutschland
immigriert sind, verfügen über einen relativ stabilen Aufenthaltstitel
(meistens eine Befugnis) und sind wirtschaftlich weitgehend abgesichert,
entweder durch Arbeitsgenehmigungen (in der Regel Gewerbeschein zum Handel
mit Schrott, Autos, Teppichen etc.) oder sozialhilferechtlich (Hilfe zum
Lebensunterhalt, Anspruch auf Wohnung und Krankenversorgung). Auch hier
ist der Schulbesuch der Kinder bis zu einem bestimmten Alter üblich.
Die Romafamilien, die im Zuge der Bürgerkriege aus dem ehemaligen
Jugoslawien geflohen sind, verfügen oft über einen anderen
Bildungshintergrund als zum Beispiel die aus Rumänien geflohenen Familien.
Viele der Eltern waren im Heimatland relativ integriert, es gab gesicherte
Arbeits- und Wohnverhältnisse, die Kinder gingen zur Schule. Auch in der
BRD bemühen sich die Familien um Integration in die Mehrheitsgesellschaft.
Die derzeitige Lage in Jugoslawien und den Anrainerstaaten bedingt
allerdings, dass jenseits von Altfallregelungen ein Großteil der
Betroffenen ausgewiesen werden soll.
Die größte Gruppe der in
Frankfurt lebenden Romafamilien (ca.1200 Personen) sind
Flüchtlingsfamilien aus Rumänien. Diese Familien leben oft, wenn auch zum
Teil schon seit über 10 Jahren in Deutschland unter ausländerrechtlich,
wirtschaftlich und gesundheitlich desolaten Lebensbedingungen. Die ganze
Familie muss dazu beitragen, den Lebensunterhalt der Familien zu sichern.
Viele Kinder gehen nicht oder nur sehr unregelmäßig zur Schule.
Wenn verallgemeinernd über die Roma aus Rumänien gesprochen wird, soll
dies nicht bedeuten, dass es nicht zwischen den Familien große
Unterschiede gibt, die z.B. auch damit zusammenhängen, aus welcher Gegend
oder Stadt in Rumänien die Leute kommen. Die meisten Familien kommen aus
Timisoara oder aus Gataia. Während die Roma aus Gataia zum großen Teil
nicht oder kaum die Schule besucht haben, waren die Erwachsenen und
Jugendlichen, die in Timisoara aufgewachsen sind, häufig zumindest für
einige Jahre regelmäßig in der Schule.
Die unterschiedlichen
Gruppen bleiben oft unter sich.
Aufenthaltsrechtliche Situation
Seit Öffnung der Grenzen
nach Osteuropa sind, insbesondere in den frühen 90er Jahren, viele
Romafamilien aus Rumänien in die BRD geflüchtet. Sie hatten unter den
neuen Entwicklungen im Herkunftsland besonders zu leiden. Die Asylanträge,
die die Familien bei ihrer Ankunft in der BRD stellten, wurden jedoch mit
der Begründung abgelehnt, dass es eine nachweisbare Gruppenverfolgung
aufgrund ethnischer Herkunft als Roma in Osteuropa nicht gäbe. Trotz
gegenteiliger Berichte von namhaften internationalen
Menschenrechtsorganisationen und Roma-Selbsthilfe-Verbänden bleibt das
auswärtige Amt und das Innenministerium bis heute bei dieser ablehnenden
Haltung.
Die einzige Möglichkeit zum weiteren Verbleib im
Bundesgebiet führte über die Ausbürgerung aus der Staatsbürgerschaft des
Herkunftslandes. Im Falle Rumäniens wurde diese Ausbürgerung bei der
Botschaft beantragt und gegen die Zahlung von Geldern bestätigt. Die
Familien bekamen danach einen Fremdenpass mit Aufenthaltserlaubnis oder –
befugnis und dem Status „staatenlos“.
Die 1992 zwischen der
Bundesregierung und verschiedenen osteuropäischen Staaten abgeschlossenen
Rückübernahmeverträge hatten u.a. die Folge, dass die
Ausbürgerungsbestätigungen überprüft und in 80% der Fälle - so die
Information der Frankfurter Ausländerbehörde - als gefälscht bezeichnet
wurde. Die Belegschaft der rumänischen Botschaft wurde Mitte der 90er
Jahre komplett ausgewechselt.
Das aktuelle Ergebnis dieser
Vorgehensweise ist:
- die Mehrzahl der Fremdenpässe wurde entzogen
- statt dessen werden Duldungen erteilt. Duldung bedeutet die
„Aussetzung der Abschiebung“. Eine Duldung gilt als Passersatz und hat
eine Laufzeit von max. einem Jahr - viele Familien verfügen nur noch
über Grenzübertrittsbescheinigungen, mit der Aufforderung innerhalb von
sechs Wochen das Bundesgebiet zu verlassen
Der weiterer
Aufenthalt und die Abwehr der Abschiebung kann nur durch die
krankheitsbedingte Verlängerung der Duldung oder der
Grenzübertrittsbescheinigung erreicht werden.
Die Unsicherheit des
Aufenthalts bedingt allerdings eine ständige Unsicherheit der
Lebenssituation, eine „permanente Vorläufigkeit“.
Wirtschaftliche Situation/Sozialhilferecht
Vor diesem Hintergrund ist die Erlangung einer Arbeitserlaubnis oder
eines Gewerbescheins zur selbständigen Arbeitsaufnahme fast unmöglich.
Kindergeld wird aufgrund des Status nicht an die Familien gezahlt. Auch
Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erhalten nicht alle
Familien (nach den Erfahrungen aus der Beratungsarbeit des Fördervereins
Roma nur ca. 50 %).
Die Ablehnung von Sozialhilfe wird damit
begründet, dass: - Vermögenswerte unterstellt werden - der
Mitwirkenspflicht nach Meinung der Behörden nicht ausreichend nachgekommen
wird - oder nach BSHG § 120 unterstellt wird, dass das Bundesgebiet nur
betreten wurde, um Sozialhilfe zu erhalten.
Die Familien, die
unterstützt werden, erhalten in der Regel Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz, oft aber nicht für die ganze Familie, sondern
nur für die in der BRD geborenen Kinder. Ausnahmefälle bezüglich der
Erteilung von Leistungen betreffen die Ausstellung von Krankenscheinen,
die Übernahme von Mietkosten oder die Unterbringung in Notunterkünften bei
Obdachlosigkeit. So wird verständlich, dass jede Möglichkeit von den
Familien genutzt werden muss, um den Lebensunterhalt zu sichern. Sobald
die Kinder dazu in der Lage sind, tragen sie ihren Teil dazu bei.
Gesundheit
Soweit eine Versorgung
mit Krankenscheinen über das Sozialamt gewährleistet ist, können die
Familien die Dienste der Ärzte und der Krankenhäuser in Anspruch nehmen.
Diejenigen, die auch von dieser Leistung ausgeschlossen sind, müssen
entweder jede ärztliche Hilfe selbst bezahlen oder sie wenden sich an die
in Frankfurt existierende Sprechstunde für Roma im Stadtgesundheitsamt.
Dort wird einmal pro Woche für zwei Stunden unentgeltlich eine erste
ärztliche Versorgung durch einen rumänisch sprechenden Arzt gewährleistet.
Jede weitere Hilfe kann nur mit einer Kostenzusage des Sozialamtes
garantiert werden.
Bei Untersuchungen, z.B. auch bei der
schulärztlichen Untersuchung fällt auf, dass der Gesundheitszustand vieler
Roma aus Rumänien, insbesondere der Frauen und Kinder, weitaus schlechter
ist als bei weiten Teilen der übrigen Bevölkerung.
Wohnsituation
Die meisten
Romafamilien aus Rumänien leben in Wohnungen die, - am untersten
Standard anzuordnen sind - unter normalen Bedingungen nicht mehr zu
vermieten wären und - oft als Spekulationsobjekte dienen - für die
Größe der Familie zu klein und - von der Bausubstanz wie auch von der
hygienischen Versorgung völlig unzureichend und - überteuert sind
Eine weitere Unterkunftsmöglichkeit besteht, soweit die teure
Kostenübernahme über das Sozialamt gesichert ist, in der Unterbringung in
einem Hotel.
Neu ankommende oder obdachlos gewordene Familien
wohnen behelfsmäßig bei Familienmitgliedern, die eine Unterkunft haben.
Dies führt zur Überbelegung und zu Konflikten mit Nachbarn. Soweit das
Sozialamt die Kosten einer Unterbringung übernimmt oder per
Gerichtsbeschluss eine Unterbringung angeordnet wird, kommen die
betroffenen Personen in sogenannten Obdachlosen- oder Notunterkünften
unter. Wird eine solche Unterbringung verweigert, schlafen die Familien im
Auto.
Familie und Sozialisation
Die Solidargemeinschaft der Großfamilie spielt für viele Roma eine große
Rolle, bietet sie doch den notwendigen Rückhalt und Schutz. Traditionelle
Familienstrukturen, Verpflichtungen und Verhaltenscodices regeln das
Zusammenleben, das u.a. durch Zusammenkünfte an Festtagen etc. gefestigt
wird. Strenge Normen bestimmen den Alltag. Zentrale Aspekte sind hierbei
die Rolleneinhaltung (Jung – Alt, Mann – Frau, Verwandte – Fremde etc.),
die Achtung älterer Roma, Erhalt der Familienehre und spezielle
Reinheitsgebote. Sicherheit im Alter wird durch die jüngeren Roma
garantiert. Durch die Veränderung der Lebensbedingungen wandelt sich
jedoch auch hier die traditionelle Familienform, so ist z.B. das Wohnen
mit der Großfamilie oft nicht mehr möglich.
„In der
Roma-Gesellschaft ist nichts wichtiger als die Familie; dem Individuum
kommt dagegen nicht die Bedeutung zu, die ihm in der Gadsche-Gesellschaft
eingeräumt wird (ein Rom ist kein Rom). Entscheidungen werden
gemeinsam getroffen. Roma-Kinder können auch nicht allein sein. Die
Jungen, auch die Kinder dürfen sich überall einmischen, sie werden gelobt,
wenn sie dreinreden, sind fast immer dabei und wissen in jungen Jahren
viel über Geschlechterkonflikte, Beziehungen, Intrigen etc. In der Schule
können sie dann gar nicht verstehen, warum sie plötzlich gerügt werden,
wenn sie sich ungefragt äußern.“ (Renata Erich, Romano Centro Wien)
Die Gruppe hat existentielle Bedeutung für die Strategien der
Lebensbewältigung, für das Überleben überhaupt. So wird der Wunsch
vieler Kinder, zusammen in einer Schule oder gar Klasse unterrichtet zu
werden, verständlicher. Es ist auch einer der Gründe, weshalb Roma zu
Terminen, Anmeldungen etc. selten alleine auftauchen.
Die oft
verzweifelte wirtschaftliche Situation belastet die Kinder erheblich, da
Probleme in ihrem Beisein besprochen werden. Sie erfahren von klein auf
die ablehnende und negative Haltung, die ihnen in der Öffentlichkeit
entgegengebracht wird. Ihnen ist bewusst, dass sie außerhalb der
Familienverbände nur selten Unterstützung erwarten dürfen.
Das
kleine Kind genießt innerhalb des Familienverbandes große Freiheiten. Dies
endet mit dem Zeitpunkt des Erwachsenseins (ab 13 Jahre, familienabhängig,
geschlechtsabhängig). Eine Zeit des Umbruchs, des Aufbegehrens - wie in
der westeuropäischen Sozialisation – gibt es nicht; dafür fehlten und
fehlen oft Raum und Zeit. Der Eintritt in das Erwachsenenalter wird mit
allen Grenzziehungen und Konsequenzen gelebt, was bedeutet: andere
Kleiderordnung, Erwerbstätigkeit traditioneller Art, frühe Heirat und
Familiengründung, Verantwortung, Entscheidungen.....
Das
Erziehungssystem in den meisten Romafamilien unterliegt nicht der
Werteskala der Mehrheitsgesellschaft, hat andere Grenzziehungen und
Gewichtungen. Es ist sehr schwierig für Außenstehende, sich ein Bild
davon zu machen, wie die Autorität der Erwachsenen den Kindern gegenüber
in Roma-Familien funktioniert.
Zur
schulischen Situation
Viele Kinder aus zugewanderten
Romafamilien besuchen nicht oder nur zeitweise eine Schule. Bestimmte
strukturelle Probleme, die sich aus den unterschiedlichen Lebenswelten
ergeben, werden von Lehrern und Schulleitern immer wieder angesprochen.
Kinder, die eine Schule besuchen: - fehlen häufig - sind
unpünktlich - haben die notwendigen Materialien nicht dabei - machen
keine Hausaufgaben - sitzen nicht still - reagieren nicht darauf,
wenn die ganze Lerngruppe angesprochen wird - sprechen schlecht deutsch
- sprechen und antworten direkt, ohne aufgefordert zu sein - lassen
sich im Gespräch mit anderen auch nicht vom Lehrer unterbrechen - sind
schnell gekränkt, wenn sie ermahnt oder nicht sofort beachtet werden -
haben eine niedrige Frustrationstoleranz - provozieren andere und
reagieren auf Provokationen aggressiv - haben keinen Respekt -
akzeptieren die Autorität der Lehrer nicht grundsätzlich, sondern erst,
wenn die Lehrer sie überzeugt haben - sind (von einem bestimmten Alter
an) einfach weg
Viele dieser Verhaltensweisen kennen Lehrer auch
von anderen Kindern. Wenn Romakinder in diesem Sinn auffällig sind, so ist
es wichtig zu wissen, dass neben dem Individuellen sich hier auch das
Verhältnis zwischen dieser Minderheit und der Mehrheitsgesellschaft
ausdrückt.
„Unsere Kultur ist uns wichtiger als Schule.......“
(Aussage einer rumänischen Romni). Für unsere Gesellschaft ist Schule
selbstverständlich.
Den Roma sind Schule und Schriftkultur zunächst
einmal fremd, gehören sie doch aus ihrer Sicht der fremden, der „gadje“-Kultur
(Nicht Roma) an. Man begegnet ihnen mit Distanz und wenig Vertrauen. Diese
Fremdheit gegenüber der Schule variiert je nach Herkunft der Familien und
entsprechend ihren Erfahrungen. Über viele Jahrhunderte und in ganz
Europa haben die Roma immer wieder schlechte Erfahrungen damit gemacht,
dass über Zwangsbeschulung und Zwangsassimilation versucht wurde, ihre
Kultur zu vernichten. Ihre eigene Sprache, das Romanes, ist nur
mündlich überliefert. Es gibt heute Versuche, es zu einer Schriftsprache
zu machen, aber bisher ist es dafür noch nicht zu einheitlichen Normen
gekommen. Es bestehen sogar Ängste, dass dadurch die Sprache „in die Hand
der gadsche“ (Nicht-Roma) gegeben, vereinnahmt wird. Andererseits gibt
es Versuche – z.B. im österreichischen Burgenland- systematische
Lernprogramme für das Romanes zu entwickeln.
Schule hat Erfahrungen
mit Migrantenkindern aus vielen Ländern, deren Eltern aus verschiedenen
Gründen Analphabeten sind. Dennoch stimmen die meisten dieser Eltern
grundsätzlich dem Schulbesuch zu und sind darüber hinaus an guten
Schulabschlüssen für ihre Kinder interessiert. Darin unterscheiden sich
die Romafamilien von anderen Minderheiten, die mit uns leben. Ob ein
Kind zur Schule geht oder nicht bestimmt die Familie – und das Kind
selbst. Wenn man zur Schule geschickt wird, soll man für die Familie
nützliche Fertigkeiten erwerben.
Nicht nur, ob ein Kind in der
Schule angemeldet wird, bestimmt die Familie, sondern auch über den
Schulbesuch an bestimmten Tagen: das Kind ist krank oder fühlt sich nicht
wohl, es muss mit einkaufen, zu Ärzten oder Behörden gehen, zu Hause
helfen, zu Familienfesten oder Beerdigungen gehen oder fahren oder auch
zum Lebensunterhalt beitragen. „Roma-Kinder sind nicht an einen
regelmäßige Tag-Nachtrhythmus gewöhnt. Sie schlafen, wenn sie müde sind,
nehmen an allen Festen und Diskussionen bis in die Nacht teil und schlafen
eben dann bei Tag. Das erschwert ein tägliches, pünktliches Erscheinen in
der Schule sehr.“ (Renata Erich, Romano Centro Wien) Ebenso sollte man
davon ausgehen, dass der Umgang mit Zeit (und z.B. auch mit Geld)
grundsätzlich anders organisiert ist als in unserer Gesellschaft. „Das
Verhalten der Roma ist, im Gegensatz zu dem der Gadsche, von Intuition
bestimmt. Damit hängt zusammen, dass für viele Roma die Zeit linear ist.
Sie leben im Präsens, Vergangenheit und Zukunft sind Randerscheinungen.
Was aus der Vergangenheit eine Rolle spielt, ist aktuell, als sei es heute
geschehen. Zeit und Raum versteht ein Romakind anders als andere.....“
(Renata Erich, Romao Centro Wien)
Für Jugendliche von einem sehr
frühren Alter an wird Schulbesuch als unnütz und bedrohlich angesehen. Den
jungen Mädchen kann zuviel passieren, wenn sie nicht unter
Familienaufsicht stehen. Sie werden auch von der Mutter gebraucht und
müssen sich auf ihre zukünftige Rolle als verheiratete Frau vorbereiten.
Sie werden früh verheiratet. Die männlichen Jugendlichen beenden den
Schulbesuch, weil von ihnen erwartet wird, dass sie mit für den
Lebensunterhalt sorgen und von den erwachsenen Männern ihren „Beruf“ (hier
und jetzt vorwiegend Autohandel) lernen.
Roma-Kinder sind dennoch
offen und neugierig für die Angebote der Schule. Sie haben in der Regel
aber, außerhalb der Familie, bislang keinerlei Gruppenerfahrung mit
anderen Kindern. Wie viele andere Kinder auch, sprechen sie zunächst
ausschließlich ihre Muttersprache.
Konzeptionelle Eckpunkte
Die intensive Begleitung und
Betreuung von Familien soll nach Maßgabe der sozialpädagogischen
Familienhilfe bei Erziehungsaufgaben, der Bewältigung von
Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt
mit Ämtern und Institutionen unterstützend wirken und die Motivation zur
Selbsthilfe mobilisieren.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass,
orientiert an den Strukturen der aus Polen und Rumänien stammenden
Roma-Familien, das Vertrauen, die Sensibilität und die persönliche
Glaubwürdigkeit der MitarbeiterIn den Schlüssel zu allen pädagogischen
Aktivitäten darstellen.
Gerade die im Vorfeld der beschriebenen
Probleme, deren Focus immer in der Familie und zwar in der für
Außenstehende nur noch schwer nachvollziehbaren Großfamilie liegt, können
nur gemeinsam bearbeitet werden, wenn eine gegenseitige Öffnung und
Akzeptanz angestrebt wird. Es bedarf seitens der Mitarbeiterin einer
großen Empathie, sich mit Entscheidungsmechanismen, Hierarchien und
Lebensformen auseinander zu setzen, die vorerst antiquiert erscheinen, im
Kern allerdings die Erklärung für viele Fragen und Wünsche der Kinder und
der Eltern darstellen.
Die klassische Trennung zwischen der
Sicherung der Existenz – im wahrsten Sinne des Wortes – und den Problemen,
die danach kommen, wie Schule, Ausbildung, Berufstätigkeit,
Identitätsfindung, Generationskonflikte, ist im Felde der Arbeit mit
Roma-Flüchtlingen nicht gegeben. Aufgrund der sozialen und ökonomischen
Situation der Menschen, allerdings auch aufgrund ihres traditionellen und
kulturellen Profils, ihrer Erfahrung und Lebensgestaltung spielt sich
jedes Thema vor dem Hintergrund der verantwortlichen Familienmitglieder
ab. Dies ist oft nicht allein die Mutter und/oder der Vater, sondern alle
näheren Verwandten, denen das Wohl oder die gemeinsame Perspektive am
Herzen liegt.
Ansätze, die sich an der/dem Alleinerziehenden bzw.
der Kernfamilie orientieren, bieten in der praktischen Arbeit keine
Grundlage. Selbst wenn vorerst, als Ansprechpartner lediglich eine junge
Frau mit ihren Kindern auftritt, so zeigt sich nach kurzer Zeit, dass
hinter den ersten Protagonisten ein oftmals recht kompliziertes Netz von
Verwandten steht, die in allen Fragen der Familien- und Lebensplanung
mitreden und mitentscheiden. Die ersten Schritte sind davon
gekennzeichnet, mit den wichtigsten Ansprechpartnern, nämlich der Mutter
und den Kindern ein Verständnis aufzubauen, das im gesamten
Familienverband geteilt wird. Der Begriff Familienhilfe kommt auf seinen
eigentlich Inhalt zurück. Es geht nicht um die Klein-, Teil- oder
Patchwork-Familie, sondern wirklich um die Tätigkeit innerhalb einer
Gemeinschaft, die verbindlich und verantwortlich alles Tun und alle
Wünsche bespricht und organisiert. Der große Rahmen einer solchen
Gemeinschaft umfasst bei entsprechenden Treffen oft mehr als hundert
Menschen. Der Kern, der innerhalb der sozialpädagogischen Familienhilfe
als Hintergrund der Arbeit zu sehen ist, beschreibt in der Regel zwischen
zehn und zwanzig Personen.
Selbst die Ausnahme, d. h. der Wunsch
von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus bekannten Strukturen
auszubrechen, neue Lebensentwürfe zu versuchen, beinhaltet die ständige
Bezugnahme zur Großfamilie. Die gesellschaftliche Konfrontation mit
verschiedensten Perspektiven bedingt selbstverständlich auch bei Roma den
Mut und den Wunsch eines Ausbruchs. Diese Praxis ist oft eine Mischung von
individueller Freiheit mit – soweit möglich – der verlässlichen Sicherheit
innerhalb der Großfamilie. Viele Auseinandersetzungen innerhalb der
sozialpädagogische Familienhilfe haben nicht zuletzt diese beschriebene
Konstellation zum Gegenstand.
Erfahrungen innerhalb der sozialpädagogischen Familienhilfe
Der Verein bietet zur Zeit sozialpädagogische Familienhilfe in
Roma-Familien aus Polen und einer Familie aus Rumänien an.
Generell wird das Angebot der Familienhilfe bereits seit 13 Jahren vor
allem von polnischen Roma wahrgenommen. Es besteht eine bemerkenswerte
Offenheit und Kooperationsbereitschaft im gesamten Familienverband
gegenüber dieser speziellen Hilfeform. Die wesentlichen Tätigkeitsbereiche
liegen vor allem in
- der Hilfe hinsichtlich der existentiellen
Absicherung, d. h. der Organisation von Sozialhilfe, von Hilfen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz oder von zusätzlichen Leistungen. Die
mangelhafte Versorgung bedingt die Hinzuziehung der Jugendlichen bei der
Existenzsicherung (Betteln, kleine Geschäfte), die unzureichende
Behandlung bei Krankheiten von Kindern und Müttern und die Gefahr von
frühzeitiger Delinquenz,
- der Unterstützung bei der Bereitstellung
von passendem Wohnraum. Die unzureichende Unterkunft und die damit
zusammenhängende Überbelegung sind Grundlage von Konflikten. Letztlich
schafft erst der Aufbau von verantwortbaren Lebensbedingungen die
Voraussetzung dafür, pädagogisch sinnvolle Arbeit leisten zu können,
- einem adäquaten Freizeitangebot (Ausflüge, Ferienfreizeiten, Kino,
Zoo, Kochen, Schwimmbad ...),
- dem Aufbau von Bildungs- und
Ausbildungsmöglichkeiten, die sich an den Kenntnissen und Wünschen der
Jugendlichen orientiert. Hier ist derzeit in Kooperation mit der
Jugendgerichtshilfe ein Computerprojekt in Vorbereitung. Die Vermittlung
von Alphabetisierungskursen für junge Erwachsene (VHS) bildet ein zweites
Standbein,
- der Beratung bei Straffälligkeit und hinsichtlich der
Ableistung von Arbeitsauflagen. Die Aktivitäten orientieren sich sowohl an
der Einsichtsfähigkeit der Betroffenen in den Straftatsbestand als auch an
der Organisation einer nachvollziehbaren Beschäftigung. In diesem
Zusammenhang bietet die Ableistung der Auflagen innerhalb der
Kindertagesstätte „Schaworalle“ oder der Beratungsstelle des Vereins einen
sehr guten Ansatz,
- dem kontinuierlichen Gesprächsangebot
gegenüber der Erziehungsberechtigten. In der Regel ist dies die Mutter
oder auch die ältere Schwester, die sich um die jüngeren Geschwister
kümmert. Die Väter, soweit diese im gemeinsamen Haushalt leben, halten
sich im Hintergrund, sind jedoch bei prinzipiellen Fragen zur
Zusammenarbeit bereit. Dort, wo kein Vater existiert, wird dessen Rolle
von nahen Verwandten wahrgenommen. Das enge Verhältnis zwischen
Mitarbeiterin und Mutter bildet die Grundlage der Einflussnahme auf
Verhalten und Lebensorganisation. Das Prinzip des Konsens und des
gemeinsamen Beschlusses hinsichtlich Änderungen ist das tragende Moment.
Selbstverständlich sind Konflikte wie beispielweise bezüglich der
verbindlichen Wahrnehmung von Terminen vorprogrammiert. Auch hier ist der
Appell in die Einsicht und die Vermittlung von negativen Folgen als
Konsequenz die Voraussetzung für jede positive Entwicklung,
- der
Unterstützung und der Schaffung eines kontinuierlichen Schulbesuchs bzw.
der Hilfe bei der Suche nach dem geeigneten Schultyp. Es sei an dieser
Stelle nochmals nachdrücklich erwähnt, dass eine zentrale Zielsetzung der
sozialpädagogischen Familienhilfe darin besteht, den Teufelskreis zwischen
Schulfehlzeiten, mangelndem Austausch zwischen Schule und Eltern und
frühzeitiger Zuweisung in die Sonderschule zu durchbrechen. Es wird sich
intensiv darum bemüht, bereits in den ersten Schuljahren Grundlagen für
die Förderung des Kindes oder Jugendlichen und das Verständnis gegenüber
den Belangen der Kinder aufzubauen. Das kontinuierliche Gespräch mit den
Eltern, den Fachlehrern und der Schulleitung ist hierbei von enormer
Bedeutung. Der Verein profitiert in dem Bereich von der Erfahrung
innerhalb der Schulvorbereitung und Alphabetisierung der Kindertagesstätte
„Schaworalle“ sowie der engen Zusammenarbeit mit den für das Projekt
freigestellten Lehrerinnen sowie dem staatlichen Schulamt,
- der
Einbindung der Familien in den jeweiligen Stadtteil. Die Vermittlung von
Angeboten verschiedener Einrichtungen für Jugendliche (Jugendzentrum,
Abenteuerspielplätze, Ferienfreizeiten) oder die Hilfe bei der Anmeldung
für den Hort oder den Kindergarten stehen im Vordergrund, der Abbau von
Berührungsängsten und Ressentiments und die Eröffnung von Erfahrungen
jenseits des Bekannten Umfelds stehen im Mittelpunkt,
- der
Begleitung bei Ämtergängen. Die Skepsis, die Angst und das Problem der
Verständigung sind die maßgeblichen Hürden bei der Kontaktaufnahme. Es hat
sich gezeigt, dass alleine durch die sensible Vermittlung und die
Übernahme von notwendigen schriftlichen Aufgaben seitens der
Familienhelferinnen, Erfolge in der Versorgung oder auch in der
Wahrnehmung der notwendigen Kooperation mit den Ämtern zu verzeichnen
sind. Dies bedingt einerseits den Abbau von Klischees gegenüber Roma und
trägt andererseits zum Verständnis bezüglich der Belange jeder Verwaltung
bei,
- der Hilfe bei innerfamiliären Konflikten. Es kristallisieren
sich bei der beschriebenen recht komplexen Struktur der Großfamilie und
dem Leben von mehreren Generationen innerhalb eines verbindlichen Rahmens
oft Rivalitäten und Konkurrenzen durch die Einrichtung der Hilfe heraus.
So wird beispielsweise die Notwendigkeit des Schulbesuchs seitens der
Mutter geteilt, jedoch nicht seitens der Großmutter des Kindes, die darin
eine Gefahr der Entfremdung sieht. Aufgabe der Familienhilfe besteht vor
dem Hintergrund sowohl in der Stärkung des Kindes und der Mutter als auch
in der Vermittlung der Sinnhaftigkeit des Schulbesuchs und des Abbaus der
Ängste gegenüber der Großmutter. Auch die Unterstützung bei
Ablösungsprozessen zwischen den Generationen (der Bezug einer eigenen
Wohnung durch die Tochter und deren Kinder) ist Gegenstand dieser
Konfliktlage.
Das dargelegte Arbeitsfeld, die avisierten
pädagogischen Ziele und deren Umsetzung haben einen allgemeinen
Handlungsrahmen.
Eckpunkte dieses Rahmens sind
- die
Mobilisierung der eigenen Kräfte und Kenntnisse innerhalb der Familien und
die Animation der Selbsthilfe, - die Stabilisierung der einzelnen
Personen, der Familie und der nahesten Bezugpersonen des Kindes bzw.
Jugendlichen, - die Infragestellung der Abwertung durch die Betroffenen
selbst bzw. der Abwertung durch Fremdzuweisung, - der Aufbau und
Ausbau der eigenen Handlungskompetenz, - die Förderung und Forderung
von individuellen Fähigkeiten, Begabungen, Talenten und Neigungen, -
der Aufbau von Kooperationsbereitschaft - die Schaffung von
Durchsetzungsvermögen, - Strukturierung des Lebensalltags, -
Unterstützung in der Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung,
Der
Hilfeumfang, der Verlauf, die Durchführung der sozialpädagogischen
Familienhilfe erfolgt durch
- gemeinsame Gespräche zwischen den
Familienhelfern, der Anleitung, den Eltern und dem Sozialen Dienst, der
zugleich auch die Federführung inne hat, - die Überprüfung der Arbeit
anhand von Verlaufs-, Ziel- und Ergebnisprotokollen, - die Reflexion
mit den pädagogischen Fachkräften des Vereins, - der außerbetrieblichen
Supervision, - der Ausarbeitung eines Hilfeplans, d. h.
o
Benennung der unmittelbaren Ansprechpersonen (Kind, Jugendliche, Mutter,
Vater, nähere verantwortlichen Verwandten) und der weiteren
Kooperationspartner (Lehrer, Sozialamt, Schule, Hort Kindergarten,
Justiz, Polizei, Ausländerbehörde, Wohnungsamt, Jugendamt),
o
Benennung der Probleme (Versorgung, Unterkunft, Vernachlässigung,
Lernverhalten, Schulbesuch, Ausbildung, familiäre Konflikte, häusliche
Organisation, fehlende Erziehungskompetenz, Straffälligkeit,
unzureichende Verständigung, Krankheit, Absicherung des Aufenthalts),
o Ziele (Aufbau einer Vertrauensbasis, Stärkung der Eigenkompetenz,
Stabilisierung im Bereich Schule und Ausbildung, Aufbau bzw. Stärkung
von Strukturen und Verbindlichkeiten, Unterstützung des
Lernverhaltens, Hilfe bei medizinischen und therapeutischen Problemen,
Ausbau von Erfahrungen durch spezielle Angebote im Freizeitsektor,
Ausbau der Wahrnehmung eigener Fähigkeiten und des Einschätzungs-
vermögens gegenüber Dritten,
o Zeitplanung (Organisation und
Einteilung der Stunden in der Familie und außerhalb der Familie im
Rahmen der Freizeitgestaltung, Vereinbarung des nächsten Hilfegesprächs,
Vereinbarung über den Termin der Abgabe des Entwicklungsberichtes),
o Intervention (Gespräche, Begleitung, einzelne und gemeinsame
Aktivitäten, Vermittlung bei Kontakten mit Behörden und
Beratungsstellen),
- der Erstellung eines Entwicklungsberichtes
nach sechs bzw. zwölf Monaten, - der gemeinsamen Reflexion mit allen
Beteiligten über die bisher geleistete Arbeit und die weitere Perspektive.
5. Wirtschaftlichkeit, Finanzierungskonzept
Als eigenständiges Angebot und als Ergänzung zur Arbeit der
Kindertagesstätte „Schaworalle“ des Förderverein Roma ist der Ausbau der
sozialpädagogischen Familienhilfe dringend angezeigt. Besonders die
bezeichnende desolate Situation vieler Familien lässt es als ebenso
sinnvoll wie erforderlich erscheinen, die sozialpädagogische Familienhilfe
weiter zu entwickeln. Gerade das pädagogische Profil dieser Hilfeart
ermöglicht es, der Identität der Familien Rechnung zu tragen und
Perspektiven aufzubauen. Die Hilfen orientieren sich an der in der
Leistungsbeschreibung festgesetzten Kostenberechnung.
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