
Am
10.1.04 versuchten mehrere Personen, darunter auch Mitglieder des
Förderverein Roma, die Präsentation des Riefenstahl-Films „Olympia“ im
Deutschen Filmmuseum zu verhindern.
Mit einem Transparent und dem Verteilen von Informationsblättern wurde vor
der Eingangstür des Kinos nachdrücklich gegen eine weitere Kolportage der
Lüge, Riefenstahl sei in der NS-Zeit ohne Absicht, innere Überzeugung und
enge Kooperation mit den Nazis tätig gewesen, protestiert.
Der passive Widerstand der Gegner wurde seitens aufgebrachter Zuschauer,
die offensichtlich um jeden Preis ihrem „Filmvergnügen“ nachkommen
wollten, teilweise massiv bedrängt. Die Leitung des Deutschen Filmmuseums
entschied schließlich, dass der ebenso bequemen wie unkritischen Rezeption
einer ausgewiesenen Nazi-Regisseurin unbedingt nachgekommen werden muss
und entschloss sich, den Film mit Polizeigewalt durchzusetzen. Mehrere
Teilnehmer haben nunmehr aufgrund ihres Engagements gegen die aktuelle
Relativierung und Leugnung von Naziverbrechen und Naziverbrechern mit
Strafverfahren zu rechnen.
Zum Hintergrund:
Vom 02.01.04 bis zum 10.01.04
veranstaltete das Deutsche Filmmuseum die Veranstaltungsreihe „In memoriam
Leni Riefenstahl“, die folgendermaßen angekündigt wurde:
„Über Deutschlands meistgehasste, meistbewunderte und meistkopierte
Regisseurin scheint alles gesagt zu sein. Wir zeigen im Januar u.a. eines
der zwei Hauptwerke Riefenstahls sowie einen Dokumentarfilm über ihr Leben
und Werk.“ Der Dokumentarfilm von 1993 sei „vor allem als Selbstzeugnis
Riefenstahls, welche hier ausführlich über sich und ihre Arbeit berichtet,
von hohem Wert.“
Mit dieser Veranstaltung reihte sich das Deutsche Filmmuseum in die Gruppe
derjenigen ein, die seit einigen Jahren, wie auch Leni Riefenstahl selber,
versuchen, ihre enge Verbindung zum Nazi-Regime zu leugnen oder zu
verharmlosen.
Leni Riefenstahl nutzte unter anderem ihre besondere Position in der
NS-Zeit für den Film „Tiefland“ (1942). Für diesen forderte die
Riefenstahl-Film GmbH aus den NS-Lagern Max Glahn bei Salzburg und Marzahn
Sinti und Roma an. Sie wurden als Statisten und Komparsen ohne Entlohnung
für den Film eingesetzt. Nach ihrem Rücktransport in die Lager, wurden
diese Menschen wenige Monate nach Ende der Dreharbeiten in KZ, vor allem
Auschwitz, deportiert, aus denen nur wenige zurückkehrten.
Noch im Jahr 2002 behauptete Riefenstahl in einem Interview mit der FR:
„Wir haben alle Zigeuner, die in Tiefland mitgewirkt haben,
nach Kriegsende wieder gesehen. Keinem einzigen ist etwas passiert.“
Gegen diese Darstellung, wider besseren Wissens aufgestellt, klagte eine
überlebende Sintezza und zwang Riefenstahl anhand dokumentierter Nachweise
zu einer Unterlassungsverpflichtungserklärung.
Riefenstahl unterscheidet sich von den vielen Opportunisten, die sich aus
Karrieregründen dem Nazi-Regime andienten. Sie bediente sich direkt des
NS-Lagersystems. Das eine zeugt von schlechtem Charakter. Das andere zeugt
von krimineller Energie. Um dies zu vertuschen, scheute Leni Riefenstahl
sich nicht, die Zwangsarbeit und die spätere Ermordung ihrer
„Zigeuner-Statisten“ zu verharmlosen und zu leugnen. Sie wollte den
Menschen, die nicht mal ein Grab haben, auch noch den Ort in der
Erinnerung nehmen.
Förderverein Roma e.V.,
Frankfurt am Main, 12.01.2004
Diese kleine Notiz wurde solange verteilt, bis die
Verantwortliche des Deutschen Filmmuseums die Riefenstahl-Veranstaltung
mit Hilfe der Besucher und vor allem der
Polizei durchgesetzt hat:
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Mit ihrer Hommage an Leni Riefenstahl feiert das Filmmuseum mit seinem
Publikum den letzten und nachhaltigen Triumph der Täterinnen und Täter
über die Opfer des Nationalsozialismus.
Wir erinnern an die Roma- und Sintistatisten des Riefenstahl-Filmes
„Tiefland“, die mit Abschluss der Dreharbeiten nach Auschwitz
zurückgebracht und ermordet wurden.
Dieses Erinnern kommt den Veranstaltern und gewogenen Anwesenden, den
Nachkommen der TäterInnen, als ärgerliche Spielverderberei daher, denn es
bringt sie – hoffentlich - um den distanziert kritischen Genuss eines
filmischen Diskurses.
Brecht diese Veranstaltung ab!
Förderverein Roma e.V., Ffm, 10.01.04
siehe auch:
Presseerklärung vom
08.01.2004
und Sinistra!:
http://www.copyriot.com/sinistra/:
"nachdem doch erfreulich viele, etwa 20-30, menschen aus verschiedenen
strömungen im filmmuseum zusammenkamen, um ein zeichen gegen die
kritiklose verehrung einer faschistin zu geben, war die stimmung zunächst
verhalten. die besucherInnen ließen sich nicht provozieren, sondern nahmen
artig die angebotenen flugblätter an und quittierten das transparent "riefenstahl
denken heisst auschwitz denken" mit kopfschütteln oder ignorieren.
kurz vor dem geplanten beginn des films ergriffen einige jedoch die
initiative und blockierten den zugang zum kinosaal, in dem sich bereits
einige "filminteressierte" befanden. die circa 50 anwesenden nahmen es
zunächst gelassen, nachdem ihnen klar wurde dass sie so schnell nicht
passieren könnten wurden sie zunehmend ungeduldiger, zum teil körperlich
zudringlich. einige sprachen von zensur oder faschistischen methoden, "wie
damals bei den nazis" und widerlegten damit die von einigen antifas am
selben abend verbreitet version, es handele sich um ein kritisches,
emanzipiertes publikum.
die anwesende museumsdirektorin erwies sich als dumm wie stroh und verwies
immer wieder hilflos darauf, man habe "die sache mit den sinti und roma"
erst kurz zuvor erfahren, und sei gerne bereit einen kritischen
redebeitrag zu gewähren. dass es die aufgabe des museums gewesen wäre, für
einen solchen zu sorgen, wurde ihr nicht klar, was nicht weiter
verwundert, liest mensch sich die auf riefenstahl verfassten elogen im
analogen und digitalen programm des museum (http://www.deutsches-filmmuseum.de)
durch.
schließlich rief die direktorin die bullen, die erst unschlüssig vor der
tür standen, schließlich einrückten und freies geleit anboten. dies wurde
von den vier blockierern nicht angenommen, woraufhin ihnen mit einer
anzeige wegen hausfriedensbruch gedroht wurde und die personalien
aufgenommen wurde. schließlich konnten die cineasten nach mindestens 30
minuten und ebensoviele rote köpfen später in dem vorführungsraum
gelangen, die protestierenden zogen sich zurück und feierten ihren
teilerfolg mit einem guten wein." |