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Pressemitteilung:
Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main
setzt Präsentation von Riefenstahl-Film „Olympia“ mit Polizeigewalt durch
(12.01.2004)



Am 10.1.04 versuchten mehrere Personen, darunter auch Mitglieder des Förderverein Roma, die Präsentation des Riefenstahl-Films „Olympia“ im Deutschen Filmmuseum zu verhindern.

Mit einem Transparent und dem Verteilen von Informationsblättern wurde vor der Eingangstür des Kinos nachdrücklich gegen eine weitere Kolportage der Lüge, Riefenstahl sei in der NS-Zeit ohne Absicht, innere Überzeugung und enge Kooperation mit den Nazis tätig gewesen, protestiert.

Der passive Widerstand der Gegner wurde seitens aufgebrachter Zuschauer, die offensichtlich um jeden Preis ihrem „Filmvergnügen“ nachkommen wollten, teilweise massiv bedrängt. Die Leitung des Deutschen Filmmuseums entschied schließlich, dass der ebenso bequemen wie unkritischen Rezeption einer ausgewiesenen Nazi-Regisseurin unbedingt nachgekommen werden muss und entschloss sich, den Film mit Polizeigewalt durchzusetzen. Mehrere Teilnehmer haben nunmehr aufgrund ihres Engagements gegen die aktuelle Relativierung und Leugnung von Naziverbrechen und Naziverbrechern mit Strafverfahren zu rechnen.

Zum Hintergrund:

Vom 02.01.04 bis zum 10.01.04 veranstaltete das Deutsche Filmmuseum die Veranstaltungsreihe „In memoriam Leni Riefenstahl“, die folgendermaßen angekündigt wurde:
„Über Deutschlands meistgehasste, meistbewunderte und meistkopierte Regisseurin scheint alles gesagt zu sein. Wir zeigen im Januar u.a. eines der zwei Hauptwerke Riefenstahls sowie einen Dokumentarfilm über ihr Leben und Werk.“ Der Dokumentarfilm von 1993 sei „vor allem als Selbstzeugnis Riefenstahls, welche hier ausführlich über sich und ihre Arbeit berichtet, von hohem Wert.“
Mit dieser Veranstaltung reihte sich das Deutsche Filmmuseum in die Gruppe derjenigen ein, die seit einigen Jahren, wie auch Leni Riefenstahl selber, versuchen, ihre enge Verbindung zum Nazi-Regime zu leugnen oder zu verharmlosen.

Leni Riefenstahl nutzte unter anderem ihre besondere Position in der NS-Zeit für den Film „Tiefland“ (1942). Für diesen forderte die Riefenstahl-Film GmbH aus den NS-Lagern Max Glahn bei Salzburg und Marzahn Sinti und Roma an. Sie wurden als Statisten und Komparsen ohne Entlohnung für den Film eingesetzt. Nach ihrem Rücktransport in die Lager, wurden diese Menschen wenige Monate nach Ende der Dreharbeiten in KZ, vor allem Auschwitz, deportiert, aus denen nur wenige zurückkehrten.

Noch im Jahr 2002 behauptete Riefenstahl in einem Interview mit der FR:
„Wir haben alle Zigeuner, die in Tiefland mitgewirkt haben, nach Kriegsende wieder gesehen. Keinem einzigen ist etwas passiert.“
Gegen diese Darstellung, wider besseren Wissens aufgestellt, klagte eine überlebende Sintezza und zwang Riefenstahl anhand dokumentierter Nachweise zu einer Unterlassungsverpflichtungserklärung.

Riefenstahl unterscheidet sich von den vielen Opportunisten, die sich aus Karrieregründen dem Nazi-Regime andienten. Sie bediente sich direkt des NS-Lagersystems. Das eine zeugt von schlechtem Charakter. Das andere zeugt von krimineller Energie. Um dies zu vertuschen, scheute Leni Riefenstahl sich nicht, die Zwangsarbeit und die spätere Ermordung ihrer „Zigeuner-Statisten“ zu verharmlosen und zu leugnen. Sie wollte den Menschen, die nicht mal ein Grab haben, auch noch den Ort in der Erinnerung nehmen.

Förderverein Roma e.V.,
Frankfurt am Main, 12.01.2004



Diese kleine Notiz wurde solange verteilt, bis die Verantwortliche des Deutschen Filmmuseums die Riefenstahl-Veranstaltung mit Hilfe der Besucher und vor allem der Polizei durchgesetzt hat:
 

"Brecht diese Veranstaltung ab ! " (10.01.2004)


Mit ihrer Hommage an Leni Riefenstahl feiert das Filmmuseum mit seinem Publikum den letzten und nachhaltigen Triumph der Täterinnen und Täter über die Opfer des Nationalsozialismus.

Wir erinnern an die Roma- und Sintistatisten des Riefenstahl-Filmes „Tiefland“, die mit Abschluss der Dreharbeiten nach Auschwitz zurückgebracht und ermordet wurden.

Dieses Erinnern kommt den Veranstaltern und gewogenen Anwesenden, den Nachkommen der TäterInnen, als ärgerliche Spielverderberei daher, denn es bringt sie – hoffentlich - um den distanziert kritischen Genuss eines filmischen Diskurses.

Brecht diese Veranstaltung ab!

Förderverein Roma e.V., Ffm, 10.01.04



siehe auch:
Presseerklärung vom 08.01.2004

und
Sinistra!: http://www.copyriot.com/sinistra/:

"nachdem doch erfreulich viele, etwa 20-30, menschen aus verschiedenen strömungen im filmmuseum zusammenkamen, um ein zeichen gegen die kritiklose verehrung einer faschistin zu geben, war die stimmung zunächst verhalten. die besucherInnen ließen sich nicht provozieren, sondern nahmen artig die angebotenen flugblätter an und quittierten das transparent "riefenstahl denken heisst auschwitz denken" mit kopfschütteln oder ignorieren.
kurz vor dem geplanten beginn des films ergriffen einige jedoch die initiative und blockierten den zugang zum kinosaal, in dem sich bereits einige "filminteressierte" befanden. die circa 50 anwesenden nahmen es zunächst gelassen, nachdem ihnen klar wurde dass sie so schnell nicht passieren könnten wurden sie zunehmend ungeduldiger, zum teil körperlich zudringlich. einige sprachen von zensur oder faschistischen methoden, "wie damals bei den nazis" und widerlegten damit die von einigen antifas am selben abend verbreitet version, es handele sich um ein kritisches, emanzipiertes publikum.
die anwesende museumsdirektorin erwies sich als dumm wie stroh und verwies immer wieder hilflos darauf, man habe "die sache mit den sinti und roma" erst kurz zuvor erfahren, und sei gerne bereit einen kritischen redebeitrag zu gewähren. dass es die aufgabe des museums gewesen wäre, für einen solchen zu sorgen, wurde ihr nicht klar, was nicht weiter verwundert, liest mensch sich die auf riefenstahl verfassten elogen im analogen und digitalen programm des museum (http://www.deutsches-filmmuseum.de) durch.
schließlich rief die direktorin die bullen, die erst unschlüssig vor der tür standen, schließlich einrückten und freies geleit anboten. dies wurde von den vier blockierern nicht angenommen, woraufhin ihnen mit einer anzeige wegen hausfriedensbruch gedroht wurde und die personalien aufgenommen wurde. schließlich konnten die cineasten nach mindestens 30 minuten und ebensoviele rote köpfen später in dem vorführungsraum gelangen, die protestierenden zogen sich zurück und feierten ihren teilerfolg mit einem guten wein."